Thursday, January 25, 2024
Unter „totaler Kontrolle der Vereinigten Staaten“ – Slowakischer Präsident provoziert
Merkur
Unter „totaler Kontrolle der Vereinigten Staaten“ – Slowakischer Präsident provoziert
Artikel von Lisa Mahnke •
2 Std.
Konträre Aussagen der Slowakei
Vor seinem Besuch in der Ukraine stichelt der slowakische Ministerpräsident. Man einigt sich auf Pragmatik. In Berlin folgt dann die Überraschung.
Uschhorod – Der slowakische Regierungschef Robert Fico traf sich am Mittwoch nicht in Kiew mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal, sondern in Uschhorod, an der Grenze zur Slowakei. Obwohl Kiew und andere ukrainische Städte nur wenige Stunden zuvor einer neuen Welle russischer Raketenangriffe ausgesetzt waren, ist sich Fico laut der dpa sicher: „Gehen Sie hin uns Sie werden feststellen, dass in dieser Stadt normales Leben herrscht, ein absolut normales Leben.“
„Glauben Sie wirklich, dass in Kiew Krieg herrscht? Das kann nicht Ihr Ernst sein?“, fragte der seit dem Herbst amtierende slowakische Ministerpräsident. Bei einer Pressekonferenz erklärte Fico, der Konflikt sei lokal begrenzt. Das war allerdings nicht der alleinige Grund für den Ort des Treffens: Es sei auch praktischer.
Kurswechsel der Slowakei: Kompromiss und humanitäre Hilfe statt Kriegslieferungen
Der Ministerpräsident hat seit Beginn seiner Amtszeit einen außenpolitischen Kurswechsel vollzogen: Er ist gegen Sanktionen gegen Russland und gegen Militärhilfen für die Ukraine. Der vorherige Ministerpräsident stand militärischer Unterstützung offen gegenüber. Fico ist der Ansicht, der Krieg verlängere sich durch die Hilfen nur. Er möchte stattdessen ein „Angebot humanitärer Hilfe“ machen.
Dem RTVS erklärte er, die Ukraine sei „kein unabhängiges und souveränes Land“ und forderte einen „Kompromiss“ im Ukraine-Krieg. Der überwiegend prorussisch angesehene Fico stellte sich gegen die Einstellung, Ukraine müsse für Sicherheit in Europa gewinnen: „Was erwarten sie? Dass Russland Donbas und Luhansk verlassen wird? Oder dass sie die Krim verlassen? Nein, das ist komplett unrealistisch. Jeder weiß das.“
Scholz empfängt Ministerpräsidenten der Slowakischen Republik
Es sind drei Regionen, in denen Russland bereits 2014 die Kontrolle übernommen hat. Die Ukraine sei währenddessen seit 2014 unter „totaler Kontrolle der Vereinigten Staaten“. Der slowakische Ministerpräsident richtete sich auch gegen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine: „Ich werde dagegen ein Veto einlegen, denn das Einzige, wozu das führen würde, wäre ein Dritter Weltkrieg.“
Slowakei und Ukraine pragmatisch – in Berlin folgt die überraschende Unterstützung der EU-Politik zur Ukraine
Die Ukraine sprach sich trotz der Aktionen von Fico für „pragmatische Beziehungen“ aus. Schmyhal erklärte laut dpa bei dem Treffen der beiden Ministerpräsidenten: „Trotz der Meinungsverschiedenheiten beabsichtigen wir, mit der Slowakei eine Politik des Pragmatismus zu verfolgen.“ Der ukrainische Ministerpräsident setzt auf „einen konstruktiven Dialog“. Unmittelbar nach dem Treffen reiste Fico nach Berlin weiter, um am Abend von Olaf Scholz (SPD) empfangen zu werden.
Dort kam die Überraschung: Der slowakische Ministerpräsident erklärte die Unterstützung für das 50-Milliarden-Paket der EU, nachdem er dem ukrainischen Regierungschef nur zugesichert hatte, ukrainische Waffenkäufe bei Privatfirmen zu behindern. Auch die EU-Integration soll jedoch durch die Slowakei befürwortet werden, so hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Fico gab an, jede mögliche Friedensinitiative zu befürworten, und hielt daran fest, dass der Krieg eingefroren sei. „Da stelle ich mir die Frage: Was für eine Veränderung kommt 2025? Die einzige Veränderung wird sein, dass wir viel mehr Opfer und viel mehr Tote haben werden.“, so Fico laut dpa.
Kreml-Sprecher Peskow bemerkt Rückgang der Ukraine-Hilfsleistungen
Für Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ist die Lage ebenfalls klar, er bezeichnet die Ukraine als Verlierer des Kriegs. Für den Westen sei die Unterstützung es Landes „eine Investition, die geplatzt ist“, erklärte Peskow am Dienstag. Der Sprecher stellte auch den Rückgang von Hilfslieferungen heraus: „Sie haben aufgehört, ihm Geld zu geben, im Ausland gibt es nicht genug Granaten für ihn und er hat innenpolitische Probleme.“
Im Westen wird währenddessen versucht, weitere Hilfe in den Gang zu bringen – allerdings mit Hindernissen. Im Kongress der USA blockieren oppositionelle Republikaner die Entscheidung, in der an Einstimmigkeit gebundenen EU stellte sich Ungarn, ein Verbündeter der Slowakei, gegen ein Hilfspaket für Kiew, das 50 Milliarden Euro über vier Jahre beinhaltet.
Nicht nur schlechte Nachrichten: Polen-Präsident Donald Tusk sicher Ukraine Unterstützung
Für die Ukraine gab es allerdings auch gute Nachrichten. Der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk traf Wolodymyr Selenskyj in Kiew, um über eine gemeinsame Waffenproduktion zu reden. In einer Pressemitteilung von Selenskyjs Büro nannte man den Vorschlag „eine neue Form unserer Kooperation – abgezielt auf eine größere Menge von Waffenkäufen für die ukrainischen Bedürfnisse“.
Polen würde laut Tusk die Ukraine auch in dem EU-Eintrittsverfahren helfen, „damit die volle Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union so schnell wie möglich zur Tatsache wird“. Sie zeigten sich zuversichtlich, langfristige Lösungen finden zu können, auch für die Getreideexporte. (lismah)