Wednesday, January 3, 2024
Türkei verhindert Lieferung britischer Minenräumschiffe an Ukraine
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Türkei verhindert Lieferung britischer Minenräumschiffe an Ukraine
Artikel von Friederike Böge •
24 Min.
Die Türkei hat angekündigt, die Auslieferung von zwei Minenräumschiffen von Großbritannien an die Ukraine zu blockieren. Die „betreffenden Verbündeten“ seien „ordnungsgemäß“ informiert worden, dass die Schiffe nicht durch die türkischen Meerengen ins Schwarze Meer einfahren dürften, solange der Krieg in der Ukraine andauere, teilte das türkische Präsidialamt am Dienstag mit. Zur Begründung beruft sich Ankara auf den Vertrag von Montreux aus dem Jahr 1936, welcher der Türkei das Recht gibt, Kriegsschiffen kriegsführender Länder die Durchfahrt zu verweigern. Ausnahmen gelten für Schiffe, die in den Heimathafen zurückkehren.
Kurz nach Beginn des Großangriffs Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hatte die Türkei die Meerengen unter Berufung auf den Vertrag für die kriegsführenden Parteien gesperrt. Das war seinerzeit als wirksamer Schritt gegen die russische Kriegsführung gewertet worden. Die Ukraine hatte die Türkei zuvor dazu aufgefordert. Das türkische Präsidialamt teilte nun mit, das Land setze das Abkommen von Montreux unparteiisch um, um eine Eskalation der Spannungen im Schwarzen Meer zu verhindern.
Im Dezember hatte London die bevorstehende Lieferung von zwei Minenabwehrfahrzeugen der Sandown-Klasse an die Ukraine bekannt gegeben. Ziel sei es, „die Fähigkeiten der Ukraine zu stärken, im Schwarzen Meer zu operieren“. Russische Seeminen würden ukrainische Exporte über das Meer einschränken, hieß es in der Mitteilung.
Türken mit eigener Räuminitiative
Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps sagte, die zugesagten Schiffe sollten die Exportrouten für die Ukraine wieder öffnen. Die Lieferung wurde im Rahmen einer Koalition mit Norwegen zur Stärkung der „maritimen Fähigkeiten“ der Ukraine bekannt gegeben. Langfristig solle die Koalition die Interoperabilität der ukrainische Marine mit der NATO verbessern. Darauf habe man sich bei einem Treffen der Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine geeinigt, der 50 Staaten angehörten, hieß es in der Mitteilung. Auch die Türkei hat an Treffen der Gruppe teilgenommen.
Wenige Tage nach der britischen Ankündigung gab der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler bekannt, dass die Türkei sich mit Bulgarien und Rumänien auf eine gemeinsame Initiative zur Beseitigung von Seeminen im Schwarzen Meer geeinigt habe. Eine entsprechende Vereinbarung werde man im Januar unterzeichnen. Dem seien Monate lange Gespräche mit den beiden NATO-Partnern vorangegangen.
Mit Blick auf die Sicherung ukrainischer Getreideexporte sieht die Türkei sich in führender Position, seit sie im Juli 2022 ein inzwischen ausgelaufenes Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine vermittelt hatte. Präsident Recep Tayyip Erdoğan gelang es bei seinem Besuch in Sotschi im September 2023 nicht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einer Verlängerung des Abkommens zu bewegen.