Wednesday, January 17, 2024

Streit um Agrardiesel-Kürzung: Özdemir gibt der Union die Schuld für den Bauernfrust

Merkur Streit um Agrardiesel-Kürzung: Özdemir gibt der Union die Schuld für den Bauernfrust Artikel von Stephanie Munk • 7 Std. Vor Abstimmung im Bundestag Der Bundestag verhandelt den Agrardiesel-Streit. Cem Özdemir pocht dabei auf die Hilfe der Union. Denn diese habe ihren Anteil an dem Dilemma – sagt der Minister. Berlin – Kilometerlange Straßenblockaden, Buhrufe und „Die Ampel-muss-weg“-Plakate: Angesichts der gewaltigen Bauernproteste in Deutschland hat die Bundesregierung die Union mit in die Verantwortung genommen. So warf Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) der CDU-geführten Vorgängerregierung schwere Versäumnisse bei der Agrarwende vor und rief die Vertreter von CDU und CSU auf, sich an der Suche nach einem Ausweg aus dem aktuellen Streit um die Agrardiesel-Subventionen zu beteiligen. Es sei „bedauerlich“, dass wichtige Weichenstellungen für die Förderung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft nicht in der vergangenen Wahlperiode angegangen worden seien, begründete eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage von merkur.de von IPPEN.MEDIA den entsprechenden Vorstoß. Denn damals sei die „Haushaltslage“ noch eine andere gewesen. Kürzung der Agrardiesel-Subvention: Bundestag stellt Haushalt 2024 zur Abstimmung Ab Mittwoch (17. Januar) steht die umstrittene Kürzung der Agrardiesel-Subvention im Bundestag zur Abstimmung. In mehreren Ausschüssen und im Plenum soll das Thema beraten werden. Die Ampel-Koalition hatte die Streichung angekündigt, weil sie nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts den Haushalt 2024 neu aufstellen und mehrere Milliarden Euro einsparen muss. Bei den Landwirten hatte die Entscheidung zu einem Aufschrei und zu tagelangen Massenprotesten geführt. Rund eine Woche lang hatten die Bauernproteste bundesweit an vielen Stellen den Verkehr lahmgelegt. Spurlos gingen die Demonstrationen nicht an der Bundesregierung vorbei. Eine geplante Streichung bei der Kfz-Steuerbefreiung hat sie bereits wieder zurückgenommen. Und die Kürzung des Agrardiesels wurde über mehrere Jahre gestaffelt. Darüber hinaus suchen die Ampel-Koalitionen noch nach einem weiteren, dauerhaften Ausgleich für die jetzt geplanten Subventionseinsparungen. Nach Streichung der Agrardiesel-Subvention: Ampel stellt neue Entlastungspläne für Landwirte vor Bis zum Sommer sollen entsprechende Maßnahmen beschlossen werden. Das geht aus dem Entwurf eines Entschließungsantrags für den Bundestag hervor, auf den sich die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP am Dienstag geeinigt haben. In dem Dokument schieben die Fraktionsspitzen die Schuld für den aktuellen Zustand auf frühere Bundesregierungen, in denen häufig auch ein CSU-Minister an der Spitze des Landwirtschaftsministeriums stand. Dass die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe seit 40 Jahren abnehme, habe seine Ursache „in einer jahrzehntelangen verfehlten Agrarpolitik“, zitierte der Spiegel aus dem Entwurf. Es bedürfe eines „umfassenden Ansatzes für einen Wandel hin zu einer zukunftsfesten Landwirtschaft“, hieß es weiter. Grüne wehren sich: Bauernproteste gehen auf Konto der Vorgängerregierungen Bereits 2019 waren die Bauern aus Unmut über neue Subventionsregeln und Vorschriften auf die Straße gegangen. Unter Federführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war damals eine Zukunftskommission aus Politik, Wissenschaft und Verbänden gegründet worden. Sie sollte einen Modernisierungsprozess in Richtung einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen, langfristig zukunftsfesten Landwirtschaft unterstützen, die gute Lebensmittel produziere, zum Schutz des Klimas beitrage und Betrieben eine wirtschaftliche Perspektive biete. Die Empfehlungen will die Ampel jetzt aufgreifen und – im Unterschied zur Vorgängerregierung – umsetzen. Die zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Julia Verlinden (Grüne), Matthias Miersch (SPD) und Carina Konrad (FDP) versprachen jetzt am Dienstag, mit den Landwirtschaftsverbänden konkrete Arbeitsaufträge zu verabreden. Der Bundestag benenne auf Initiative der Ampel Handlungsfelder, die zentrale Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission aufgriffen. Bis zum Sommer solle daraus ein Gesetzespaket entwickelt werden, das die Zukunftssicherheit der Landwirtschaft stärken werde. Subventionen für Landwirte: Was die Ampel zur Entlastung plant – eine Übersicht Doch wie kann das aussehen? In ihrem Papier schlagen die Ampel-Fraktionen konkrete Punkte zur Entlastung vor, die von der Bundesregierung geprüft und eingeleitet werden sollen. In der folgenden Liste ein kurzer Überblick: Bürokratieabbau: Alle behördlichen Maßnahmen sollen auf Effizienz und Wirksamkeit geprüft werden Tierwohlgerechte Haltung: Die Bundesregierung soll nach neuen Fördermöglichkeiten suchen Modernisierung: Einführung von alternativen Antrieben und Kraftstoffen soll gefördert werden Wettbewerbsfähigkeit und Produktionsmittel: Dies betrifft den Zugang zu Nutzflächen ebenso wie ein Lieferkettengesetz Steuern: Das Finanzministerium soll nach konkreten neuen Entlastungsmöglichkeiten für Betriebe suchen Aktuelle Bauernproteste: Cem Özdemir sieht CDU und CSU in der Verantwortung Doch für Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der sich durchaus auch kritisch zu den Ampel-Plänen beim Agrardiesel geäußert hatte, kann das nur funktionieren, wenn alle Beteiligten mitziehen. Die Zukunftskommission sei ein wichtiger Ratgeber und ihre Empfehlungen würden jetzt in die Arbeit einfließen. Doch die Haushaltslage habe sich nun einmal verschärft, gab er auf Anfrage von merkur.de von IPPEN.MEDIA zu bedenken. Deshalb brauche es jetzt bei der Umsetzung auch politische Mehrheiten, ließ er seine Sprecherin mitteilen. Doch ob die Union zu einer Kooperation bereit ist? Am Dienstag äußerte sich Fraktionschef Friedrich Merz zweideutig. Die Bereitschaft der Union, mit der Bundesregierung zu sprechen und gegebenenfalls auch gemeinsam zu handeln, sei unverändert vorhanden, sagte Merz der Nachrichtenagentur dpa. Solange die Bundesregierung aber untereinander so streite, mache es „relativ wenig Sinn, hier zu Gesprächen zusammenzukommen“. Der CDU-Chef sagte: „Die Frage, wie wir mit der Bundesregierung zusammenarbeiten, muss die Bundesregierung entscheiden.“ Bisher hätten Gespräche kein Ergebnis gebracht. (jkf/smu)