Wednesday, January 10, 2024
Schweden: Minister warnt vor möglichem Krieg
DER SPIEGEL
Schweden: Minister warnt vor möglichem Krieg
7 Std.
Ukrainekrieg und der bevorstehende Nato-Beitritt schüren in Schweden die Angst vor einer militärischen Konfrontation. Hochrangige Sicherheitsbeamte fordern die Bevölkerung auf, sich für einen möglichen Krieg zu wappnen.
Schwedens Minister für Zivilschutz hat seine Landleute davor gewarnt, sich in einem falschen Gefühl von Sicherheit zu wiegen. »Es könnte Krieg in Schweden geben«, sagte Carl-Oskar Bohlin bei der jährlichen Sicherheitskonferenz »Folk och Försvars« am vergangenen Sonntag.
Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und des für dieses Jahr erwarteten Nato-Beitritts forderte er seine Landsleute auf, sich auf eine mögliche militärische Auseinandersetzung vorzubereiten. Es gehe ihm nicht darum, Angst zu verbreiten. Vielmehr wolle er Bewusstsein für die aktuelle Situation schaffen.
»Ich möchte eine Tür öffnen: eine Tür, die häufig durch die Anforderungen und Herausforderungen des Alltags blockiert und verstopft ist. Eine Tür, die viele Schweden vielleicht ihr ganzes Leben lang verschlossen gehalten haben. Eine Tür zu einem Raum, in dem wir mit einer wichtigen Frage konfrontiert werden: Wer bist du, wenn der Krieg kommt?«, sagte Bohlin in seiner Rede – und zog Parallelen zum Ukrainekrieg.
Putin habe nicht verstanden, dass er diese Tür für die Ukrainer 2014 eingetreten habe, sagte der Minister und verwies auf die Annektierung der Krim. Die Ukrainer hätten daher zu Beginn der Invasion im Februar 2022 ihre Antwort auf die russische Aggression bereits parat gehabt: »Wir sind ein Volk und eine Gesellschaft, die einem totalen Krieg mit einem totalen Widerstand begegnen wird.« Er forderte auch die Menschen in Schweden auf, aktiv zu werden. Sorge äußerte Bohlin darüber, dass die Modernisierung des schwedischen Zivilschutzes aus seiner Sicht nicht schnell genug vorankomme.
Rückendeckung bekam der Minister am Montag aus den Reihen des Militärs. Micael Bydén, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, kommentierte die Äußerungen im schwedischen Fernsehsender SVT und pflichtete Bohlin bei. »Schauen Sie sich die Nachrichten aus der Ukraine an und stellen Sie sich die einfachen Fragen: Wenn das hier passiert, bin ich darauf vorbereitet? Was sollte ich tun? Je mehr Menschen nachgedacht, abgewogen und sich vorbereitet haben, desto stärker wird unsere Gesellschaft sein«, sagte er. Die Situation sei sehr ernst. Jetzt gehe es darum, den Worten und dem Verständnis dafür auch Taten folgen zu lassen.
Spott aus Russland
Die Aussagen aus Stockholm stießen auch in Russland auf Interesse. Berichten zufolge reagierte der russische Senator Alexej Puschkow spöttisch – und attestierte den Schweden Verfolgungswahn.
»Schweden ist eines der ersten Länder in Europa, was den Grad der antirussischen Paranoia angeht«, schrieb er laut der Nachrichtenseite »Euroactiv« auf Telegram. »Offenbar versucht man auf diese Weise, Schweden eine geopolitische Bedeutung zu verleihen, die es nicht hat. Manchmal hat man den Eindruck, dass einige schwedische Militärangehörige, aber auch Journalisten, fast vom Krieg träumen«, fügte er demnach hinzu.