Friday, January 12, 2024
Rolf Mützenich: SPD-Fraktionschef fordert Antwort auf »rechten Sumpf«
DER SPIEGEL
Rolf Mützenich: SPD-Fraktionschef fordert Antwort auf »rechten Sumpf«
22 Std.
Die Zusammenkunft von AfD-Politikern mit Rechtsextremen sorgt parteiübergreifend für scharfe Kritik. Die AfD-Fraktionssprecherin zeigt sich über das »Remigrations«-Treffen in Potsdam indes »außerordentlich überrascht«.
Ein Bericht über ein Treffen von Rechtsradikalen und AfD-Mitgliedern in Potsdam sorgt weiter für heftige Reaktionen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rief am Rande einer Klausurtagung seiner Partei alle Demokraten dazu auf, sich diesem »rechten Sumpf« entgegenzustellen. »Ich hoffe, dass alle die, die für diese Demokratie einstehen, auch in Zukunft alles dafür tun werden, gegen solche Netzwerke vorzugehen, gegen solche Gedanken vorzugehen«, sagte Mützenich.
Die Zusammenkunft sei »auf einen Umsturz in Deutschland« ausgerichtet gewesen und bedürfe eine »Antwort der Demokraten und der Anständigen«. Man müsse deutlich machen, dass diese Leute in der Minderheit seien, sagte Mützenich. SPD-Parteichef Lars Klingbeil richtete indes beim Sender Welt direkte Kritik an die AfD. Es sei »schockierend, dass die AfD mit organisierten Rechtsextremen dort ins Gespräch kommt, um diese Remigrationspläe auch sehr konkret zu diskutieren«, sagte Klingbeil.
Klingbeil: »Das ist eine rechtsextreme Partei«
»Das ist keine rechte, keine konservative Partei – das ist eine rechtsextreme Partei, das wird in diesen Tagen für alle sichtbar, klar und deutlich«, sagte Klingbeil. Zu einem Verbotsverfahren gegen die AfD hielt sich Klingbeil zurück. Zunächst seien jedenfalls die Sicherheitsbehörden gefragt, die AfD genau zu beobachten, so der SPD-Chef.
Zuvor hatte unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Rechtsaußen-Ideen verurteilt. »Wir lassen nicht zu, dass jemand das ›Wir‹ in unserem Land danach unterscheidet, ob jemand eine Einwanderungsgeschichte hat oder nicht. Wir schützen alle – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit Assimilationsfantasien ist«, schrieb Scholz auf X.
Wie das Portal »Correctiv« berichtet hatte, waren AfD-Politiker in Potsdam unter anderem mit dem Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB), Martin Sellner, zusammengekommen. Sellner hatte bei dem klandestinen Treffen in einem Hotel Ideen präsentiert, wie mehr Ausländer Deutschland verlassen und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten. Sellner bestätigte dies der Nachrichtenagentur dpa.
Bei dem Treffen soll Sellner dem Bericht zufolge auch über einen »Musterstaat« in Nordafrika gesprochen haben, in den man bis zu zwei Millionen Menschen »hinbewegen« könne. Auch Menschen, die sich hierzulande für Geflüchtete einsetzen würden, könnten dorthin.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zeigte sich entsetzt über das Treffen von Vertretern eines rechtsextremen Bündnisses mit AfD-Mitgliedern in Potsdam geäußert. Das Treffen erinnere ihn an den dunkelsten Teil der deutschen Geschichte, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Interview mit »MDR Aktuell«. Im Grund gehe es um »Deportationen nach Afrika«. Auch wenn nur vier oder fünf AfD-Mitglieder an dem Treffen beteiligt gewesen waren, sei dies extrem bedeutsam und lasse Rückschlüsse auf die Partei zu.
Zu einem Verbot der AfD wollte sich Schuster nicht äußern. Dies sei eine reine Rechtsfrage, die konsequent abgearbeitet werden müsse.
AfD-Fraktionschefin zeigt sich »überrascht« von Treffen – und lehnt Sellners Thesen ab
Die Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hatte nach eigenen Angaben von dem Treffen radikal rechter Kreise mit Extremisten und AfD-Funktionären im November in Potsdam keine Kenntnis. »Wir haben aus den Medien von der Veranstaltung erfahren und sind außerordentlich überrascht«, teilte die AfD-Politikerin mit. »Die von Herrn Sellner vertretenen Positionen teilen wir nicht«, sagte Brinker der Nachrichtenagentur dpa.
Der Politikforscher Gideon Botsch sagte derweil, aus seiner Sicht sei die Identitäre Bewegung weitgehend in der AfD aufgegangen. »Wenn wir gucken, was identitäre Aktivisten heute tun und wo das identitäre Gedankengut sich heute findet, dann müssen wir in die Flure der Parlamente gucken, in die Flure der AfD-Fraktion«, sagte Botsch. Dort säßen die Anhänger dieser Bewegung in den Mitarbeiterbüros der AfD-Abgeordneten. Auch bei der Parteijugend Junge Alternative seien Sprache und Aktionsformen der Identitären sehr präsent.