Thursday, January 18, 2024
Putins „Ostwind“ bläst: Droht eine Propagandawelle in Melonis Italien?
Merkur
Putins „Ostwind“ bläst: Droht eine Propagandawelle in Melonis Italien?
Artikel von Laura May •
5 Std.
Russland
In Italien häufen sich prorussische Veranstaltungen. Putins Propaganda trifft hier bei Linken und Rechten auf Zustimmung.
Italien – Seit Sonntag läuft in Italien offenbar eine russische Propagandaoffensive. In mehreren Städten soll es in den nächsten Wochen prorussische Lesungen, Filmvorführungen und Treffen geben. Das italienische Verhältnis zu Russland ist komplex: Viele Rechtsextreme sympathisieren offen mit Putin, die neofaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni stellt sich hingegen immer wieder auf die Seite der Ukraine, obwohl sie Matteo Salvini einen offen prorussischen Koalitionspartner hat. Auch die Linke ist bezüglich Russland uneins.
Wie die FAZ berichtet, markierte die Veranstaltung „Darja Dugina und der Donbass“ am vergangenen Sonntag (14. Januar) in Mailand den Auftakt einer ganzen Reihe russlandfreundlicher Events, die sich in den kommenden Wochen in Bologna, Lucca oder Modena fortsetzen sollen. Darja Dugina, Tochter des ultranationalistischen Alexander Dugin, um die es bei der Mailänder Veranstaltung ging, kam 2022 durch eine Autobombe nahe Moskau ums Leben.
„Dugina und der Donbass“ in Mailand – Demos vor dem Verlagsgebäude
Ihr Vater gilt als Chefideologe Wladimir Putins – vor allem bei Fragen der Legitimation des Überfalls auf die Ukraine. Im Mailänder Spazio Ritter, einer Verlagsbibliothek, ging es vor allem um Darja Duginas Verbindung zum Donezbecken, das seit 2014, also lang vor offiziellen Beginn des Ukraine-Krieges, russisch besetzt ist. Eingeladen hatte die „Associazione Culturale Vento dell’Est“ (Kulturvereinigung Ostwind), deren Gründer als Anhänger Benito Mussolinis bekannt ist. An der Veranstaltung nahmen bekannte Rechtsextreme teil.
Nach Information von Milano Today demonstrierten hunderte Menschen vor dem Gebäude, auch weil einige Parlamentarier wie Benedetto Della Vedova (Più Europa), Ivan Scalfarotto (Italia Viva), Mariastella Gelmini (Action) und Lia Quartapelle (Partito Democratico) an der Veranstaltung teilnahmen. Ukrainische Vertreter forderten in einem offenen Brief an Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala, die Veranstaltung zu verurteilen.
Putins Russland hat in Italien Freunde links und rechts der Mitte
Doch es ist kein Zufall, dass die Auftaktveranstaltung der russischen Propagandaoffensive in Italien im linken Mailand stattfindet. Im Verhältnis zwischen Russland und Italien mischen sich alte politische Traditionen und neue politische Kräfte. Linke und Rechte treffen sich in einer anti-westlichen, anti-US-Haltung. Die rechten Organisatoren der Propagandatreffen haben sich links regierte Regionen wie die Toskana und Emilia-Romagna und Städte wie Mailand zur Austragung ausgesucht.
Dass zwischen Italien und Russland eine gewisse Solidarität besteht, sei auch während der Corona-Pandemie sichtbar geworden, als Russland Flugzeuge mit Hilfsgütern nach Italien schickte, so die FAZ. Neben den beiden Nationalflaggen stand demonstrativ auf den Flugkörpern: „From Russia with Love“ ( „Liebesgrüße aus Moskau“).
Giorgia Meloni fährt entgegen ihrer Koalitionspartner und europäischen Fraktionsfreunde wie Victor Orbán einen Ukraine-freundlichen Kurs. Erst Anfang Januar sicherte sie Staatschef Wolodymyr Selensky in einem Telefonat zu, die anhaltende Unterstützung der Ukraine würde im Mittelpunkt von Italiens G7-Präsidentschaft stehen, schrieb die Nachrichtenagentur dpa.
Putins Propaganda: Zahlreiche prorussische Veranstaltungen in Italien
In Italien sind derweil verschiedene russlandfreundliche Kräfte unterwegs. Huffington Post berichtet etwa über den Verein „Vento dell‘Est“, der sogenannte „Gegeninformations“-Veranstaltungen im ganzen Land organisiere – zur Unterstützung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Dafür habe der Verein etwa einen Videocall zwischen italienischen Schulklassen und ukrainischen Schülern aus Lugansk organisiert, einer russisch besetzten Stadt in der Ostukraine.
Die Hommage an Darja Dugina in Mailand ist laut FAZ nur der Auftakt einer ganzen Reihe an prorussischer Veranstaltungen in Italien – so etwa eine Konferenz in Lucca mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer multipolaren Welt“. Bei dieser soll Alexander Dugin selbst sprechen. Der berühmte Vater Duginas und Chefideologe Putins könne allerdings nicht in persona auftreten, sondern nur per Videoschaltung. Da er auf der Sanktionsliste der EU steht, müsste er bei der Einreise nach Italien eine Verhaftung befürchten.