Monday, January 8, 2024
Franz Beckenbauer ist tot: Deutschland nimmt Abschied
DER SPIEGEL
Franz Beckenbauer ist tot: Deutschland nimmt Abschied
41 Min.
»Einzigartiger Fußballer«, »liebenswerter Mensch«, »Lichtgestalt«: Der Tod Franz Beckenbauers hat große Bestürzung ausgelöst. Politiker, Wegbegleiter und Fußballspieler trauern um die Fußballlegende.
Deutschland und der Fußball trauern um Franz Beckenbauer. Freunde, langjährige Weggefährten und sogar der Bundeskanzler würdigten die Verdienste des verstorbenen »Kaisers«, sie waren dabei jeder für sich schockiert und doch in großer Trauer vereint. Franz Beckenbauer ist tot. Der »Kaiser« verstarb am Sonntag im Alter von 78 Jahren. Beckenbauer wurde 1974 als Spieler und 1990 als Teamchef Weltmeister. Seit längerer Zeit hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb zum Tod von Beckenbauer: »Weltmeister als Spieler und Trainer: Franz Beckenbauer war einer der größten Fußballer in Deutschland und für viele ›der Kaiser‹ – auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat. Er wird uns fehlen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden.«
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat den Beckenbauer als Botschafter Bayerns in der Welt gewürdigt. »Auch als Weltstar hat er seine Herkunft nie vergessen und ist immer bescheiden geblieben«, schrieb Söder am Montagabend auf der Plattform X (früher Twitter). »Bayern wird diesem großen Sohn des Landes für immer ein ehrendes Andenken bewahren.«
Der DFB teilte auf seiner Website ein Statement mit Abschiedstexten von DFB-Präsident Bernd Neuendorf, DFB-Direktor der A-Nationalmannschaft Rudi Völler, Bundesträner Julian Nagelsmann und weiteren Persönlichkeiten.
Weggefährte Rudi Völler erklärte, dass er »unendlich traurig« sei und die Nachticht ihn sehr mitnehme. »Ich betrachte es als eines der großen Privilegien meines Lebens, Franz Beckenbauer gekannt und erlebt zu haben. Unsere gemeinsame Zeit bei der Nationalmannschaft wurden gekrönt mit dem WM-Titel 1990 in Rom, ein Titel, der ohne seine herausragende Trainerleistung nie möglich gewesen wäre.« Der »Kaiser« sei eine Inspiration für mehr als eine Generation und er werde »für immer die Lichtgestalt des deutschen Fußballs bleiben«. Der deutsche Fußball verliere »seine größte Persönlichkeit«, Völler verliere einen »guten Freund«.
»Der Tod Franz Beckenbauers ist eine echte Zäsur. Mit Hochachtung und großer Dankbarkeit blicken wir auf sein Lebenswerk. Mit ihm verlieren wir einen einzigartigen Fußballer und einen liebenswerten Menschen«, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Neuendorf lobte Beckenbauer als einen »der besten Spieler, den unser Sport je gesehen hat. Mit seiner Leichtigkeit, seiner Eleganz und seiner Übersicht hat er auf dem Spielfeld Maßstäbe gesetzt. Seine Akribie und Ausstrahlung als Teamchef sowie seine Energie und Tatkraft als Chef des WM-OK sind unvergessen.« Beckenbauer hinterlasse laut Neuendorf »ein großes Vermächtnis für den DFB und den Fußball insgesamt«.
Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus zeigte sich tief betroffen, er war Beckenbauers Kapitän und Vertrauter beim WM-Triumph 1990 in Rom. »Der Schock sitzt tief, obwohl ich wusste, dass es Franz nicht gut ging«, sagte Matthäus der »Bild«-Zeitung: »Sein Tod ist ein Verlust für den Fußball und für ganz Deutschland. Er war einer der Größten als Spieler und Trainer, aber auch außerhalb des Platzes.«
Beckenbauer war zur Lichtgestalt geworden, auch wenn auf diese durch die nie ganz aufgeklärte »Sommermärchen-Affäre« ein Schatten fiel. Er war Weltmeister als Spieler und Trainer, Organisator der Heim-WM 2006, dazwischen Bauernpräsident und Werbe-Ikone. In einer ARD-Doku, die just am Montagabend ausgestrahlt wird, deutete sein älterer Bruder Walter bereits an, dass es gar nicht gut um Beckenbauer steht.
Beckenbauer hatte sich zuletzt aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen. Der viel zu frühe Tod seines Sohnes Stefan mit 46 Jahren, gesundheitliche Probleme inklusive Herzoperationen, aber auch der mutmaßliche Bestechungsskandal um die WM 2006 hatten Beckenbauer in seinen letzten Jahren »schon sehr mitgenommen«, wie er verriet.