Friday, September 8, 2023
Mit welchen Kosten Eigentümer fürs grüne Heizen rechnen müssen
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Mit welchen Kosten Eigentümer fürs grüne Heizen rechnen müssen
Artikel von Julia Löhr •
1 Std.
Welche Heizart darf es sein? Die Entscheidung gestaltet sich schwierig.
An diesem Freitag beschließt der Bundestag aller Voraussicht nach ein Gesetz, das für Millionen Bürger finanzielle Folgen hat. Formal tritt die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zum 1. Januar 2024 in Kraft, in Neubaugebieten gelten die strengeren Regeln für den Einbau einer neuen Heizung sofort. Spätestens Mitte 2028, wenn alle Kommunen ihre Wärmepläne gemacht haben sollen, muss auch im Gebäudebestand die Pflicht zu mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien beim Einbau einer neuen Heizung beachtet werden. Ob die Vorgabe mit einer Wärmepumpe, Fernwärme, Holz oder grünen Gasen erfüllt wird, liegt in der Entscheidung der Hauseigentümer.
Vor allem die FDP ist stolz darauf, dass die Novelle des Gesetzes Eigentümern jetzt mehr Möglichkeiten eröffnet, als der erste Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) es vorsah. Für Hauseigentümer bedeutet das aber auch: Sie müssen sorgfältig abwägen. Zum einen, ob sie ihre Heizung jetzt schon austauschen, um von den von der Koalition in Aussicht gestellten Förderboni zu profitieren, oder ob sie so lange warten, bis die alte Heizung irreparabel kaputt ist. Zum anderen müssen sie abschätzen, welche Art des grünen Heizens in ihrem Ort und ihrem Haus perspektivisch die günstigste sein wird.
Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft Co2online wertet regelmäßig die Betriebskosten verschiedener Heizungsarten aus. Die Daten stammen von Verbrauchern, die – gefördert durch das Wirtschaftsministerium – einen „Heizkostencheck“ durchführen. Die aktuellen Zahlen aus dem Heizspiegel beziehen sich noch auf das Jahr 2021. Damals war für ein 110 Quadratmeter großes Einfamilienhaus eine Holzheizung mit weniger als 1000 Euro jährlichen Heizkosten die günstigste Option. Die strombetriebene Wärmepumpe sowie die Gas- und die Ölheizung bewegten sich um die 1500 Euro, am teuersten war Fernwärme mit mehr als 1700 Euro – jene Fernwärme, die nach den Beschlüssen der Ampelkoalition in den nächsten Jahren deutlich ausgebaut werden soll.
Vergleich von Heizungstypen über zwei Jahrzehnte
Um Hauseigentümern eine Entscheidungshilfe für die Zeit nach Inkrafttreten des neuen Gebäudeenergiegesetzes zu geben, hat die Beratungsgesellschaft für die F.A.Z. die Investitions- und Betriebskosten mehrerer Heizungstypen über einen Zeitraum von 20 Jahren verglichen, der durchschnittlichen Betriebsdauer einer Heizung. Die Rechnung fußt auf der Annahme, dass Eigentümer sowohl die geplante Grundförderung von 30 Prozent als auch den Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent als Zuschuss vom Staat erhalten, also 50 Prozent der Investitionskosten bis zur Kostenobergrenze von 30.000 Euro.
Am besten schneidet in dieser Gesamtrechnung die Holzpelletheizung ab. Abzüglich der Förderung kommt Co2online für sie auf Investitionskosten von 8125 Euro und Betriebskosten von 29.882 Euro, macht 38.007 Euro. An zweitgünstigster Stelle folgt die Wärmepumpe kombiniert mit einer Solaranlage: 32.200 Euro Investitionskosten nach Abzug der Förderung und 10.766 Euro Betriebskosten über die 20 Jahre.
Es folgen die Fernwärme (3000 Euro Anschlusskosten plus 44.032 Euro Betriebskosten), die klassische Wärmepumpe (9000 Euro nach Förderung plus 45.240 Euro Stromkosten) und zum Schluss die Gasheizung mit 7500 Euro für die Installation und 66.370 Euro Gas- und CO2-Kosten. Die zugrunde gelegten Investitionskosten basieren auf Daten des Baukosteninformationszentrums der Architektenkammern, für die Betriebskosten wurden die aktuellen Energiepreise und die Fortsetzung der historischen Preistrends angenommen, für den CO2-Preis 15 Euro mehr je Tonne und Jahr nach dem Auslaufen der gesetzlichen Vorgaben.
Holzheizungen sind nur bei lokaler Forstwirtschaft zu empfehlen
„Die Kosten für das Heizen mit Fernwärme oder Wasserstoff können deutlich teurer sein als mit einer Wärmepumpe“, schreibt das Portal in seiner Analyse. Mit Blick auf die vergleichsweise niedrigen Kosten einer Holzpelletheizung heißt es, „nur wenn das Holz aus nachhaltiger und lokaler Forstwirtschaft oder aus Restholz stammt, ist eine Biomasseheizung aus Klimaschutzsicht zu empfehlen“. Umweltschützer sehen das Heizen mit Holz auch wegen der Feinstaubemissionen kritisch.
Je nachdem, von welchen Ausgangskosten man ausgeht, kann die Rechnung am Ende aber auch anders ausfallen. So setzt zum Beispiel der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) für neue Heizungen höhere Preise an. Für die klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe halten die Verbraucherschützer Einbaukosten von 31.000 Euro für realistisch, für eine Pelletheizung 37.000 Euro. Auch nach Abzug der Förderung wären damit am Anfang höhere Investitionen nötig als in der Rechnung von Co2online.
Als das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) im April für die F.A.Z. mehrere Kostenszenarien durchrechnete, kam es zu dem Ergebnis, dass langfristig trotz der höheren Investitionskosten eine Sole-Wasser-Wärmepumpe günstiger sein kann als eine klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe oder eine neue Gasheizung.
Nicht einfacher wird die Entscheidung der Verbraucher durch die Energiepreisprognose des Wirtschaftsministeriums, die kürzlich durch eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekannt wurde. Demnach geht das Ministerium trotz des steigenden CO2-Preises davon aus, dass der Preis für eine Kilowattstunde Gas von aktuell 16 Cent auf 14,4 Cent im Jahr 2035 zurückgeht. Für die Kilowattstunde Strom im Rahmen eines Wärmepumpentarifs geht das Ministerium aktuell von 33,5 Cent je Kilowattstunde aus, im Jahr 2035 von 31,5 Cent. Das Ministerium schreibt allerdings, dass diese Prognosen „mit großer Unsicherheit behaftet“ seien.