Friday, September 8, 2023

Heizungstausch: Hausbesitzer berichten, wie ihnen die Wärmewende gelungen ist

Merkur Heizungstausch: Hausbesitzer berichten, wie ihnen die Wärmewende gelungen ist Artikel von Lisa Mayerhofer • 14 Std. Heizungstausch: Hausbesitzer berichten, wie ihnen die Wärmewende gelungen ist „Unterm Strich habe ich nicht mehr bezahlt als für eine neue Ölheizung“, so Rainer über die energetische Sanierung. Das umstrittene Heizungsgesetz soll die Wärmewende in Deutschland herbeiführen. Einige Hausbesitzer haben den Schritt schon vollzogen – und berichten von ihren Erfahrungen. Berlin – Nach langem intensiven Zoff in der Ampel-Regierung ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – auch Heizungsgesetz genannt – auf der Zielgeraden und soll am Freitag im Bundestag verabschiedet werden. Das Gesetz soll die Wärmewende im Gebäudesektor in Deutschland voranbringen. Heizungsgesetz kommt: Verunsicherung bei vielen Eigentümern Das GEG sieht dabei vor, dass neu eingebaute Heizungen künftig zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, was klassische Öl- und Gasheizungen nicht leisten können. Diese Vorgaben sollen ab 2024 zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten gelten. Bei allen anderen Gebäuden sollen die Kommunen zuerst Wärmepläne vorlegen. Bei vielen Hausbesitzern sorgt das – auch wegen der Streitigkeiten – für Unsicherheit. Vor allem die Angst vor möglichen hohen Kosten für den Heizungstausch und eventuell Sanierung und Dämmung plagen die Eigentümer. Dazu kommt der Aufwand, eine passende Heizungsart zu finden. Dabei gibt es schon einige Menschen, die ihre Häuser energetisch saniert haben – ohne selbst ein großes Vermögen zu haben. Einige von ihnen sprachen über ihre Erfahrungen mit den beiden gemeinnützigen Organisationen Talking Hope und co2online. Sie erklären, wie viel Geld sie investieren mussten – und welches Fazit sie nun ziehen. Maik S., Lokführer aus Grünau, Berlin: „Klimaschutz ist mir wichtig, aber es musste sich rechnen“ Der 35-jährige Lokführer hat seit seiner Jugend von einem Einfamilienhaus geträumt Die Situation: Seit 2020 sind Maik S. und seine Frau samt gemeinsamer Tochter stolze Hausbesitzer – sie haben ein 19 Jahre altes Einfamilienhaus gekauft. Der 35-jährige Lokführer hat seit seiner Jugend von einem Einfamilienhaus geträumt und seit seinem vierten Gehalt darauf gespart, bis sein Traum wahr wurde. Das Haus hat die Familie seit Dezember 2021 energetisch saniert – auch wegen der alten Gastherme. Im März 2023 installierten sie eine PV-Anlage, im Juni 2023 eine Wärmepumpe. Die Kosten: Insgesamt 33.474 Euro bezahlte das junge Ehepaar durch Ersparnisse während der Coronazeit, in der ein Urlaub nicht möglich war. Finanziert wurde dies mit Förderungen von 3.411 Euro, sowie durch einen Beitrag der Eltern und einen Privatkredit von jeweils 10.000 Euro. Maik rechnet damit, dass die Energiekosten durch die Sanierung von 2000 Euro auf 300 Euro pro Jahr sinken. Selbst ohne PV-Anlage rechne sich die Wärmepumpe nach nur einem Jahr, weil eine neue Gasheizung auch 10.000 Euro gekostet hätte. Sein Fazit: „Es lohnt sich total. Klimaschutz ist mir wichtig, aber es musste sich rechnen“, so Maik. Denn er hätte nicht saniert, wenn sich dies nicht finanziell gelohnt hätte. „Wir sind jetzt zu 98 Prozent autark in unserer Versorgung. Wenn Gas- und Strompreise hochgehen, brauchen wir uns trotzdem keine Sorgen machen.“ Als Hauptproblem bei der Sanierung macht er die Unwissenheit aus – auch wegen der schnellen technologischen Fortschritte: „Beim Thema Wärmepumpe hat sich der Stand so rasant weiterentwickelt. Wer sich auf Wissen verlässt, das auch nur wenige Jahre alt ist, der hat verloren. Denn man sieht dann gar nicht, wie viel Geld man inzwischen mit einer Wärmepumpe sparen kann.“ Robert U. nahe Groß Pankow (Prignitz), Brandenburg: „Sollten viel ideologiefreier mit diesem Thema umgehen“ 2022 tauschte Robert die 25 Jahre alte Ölheizung durch eine teure, aber energieeffiziente Erdwärmepumpe aus Die Situation: Robert U. ist Lehrer und wagte 2019 die Flucht von der Stadt aufs Land und kaufte eine 100 Jahre alte Doppelhaushälfte in einem kleinen Dorf. Sein Haus hat zwar gedämmte Dachschrägen, aber bisher keine Fassadendämmung. Der 45-Jährige wollte auch keine weitere Außendämmung, um den Charakter des Hauses nicht zu verändern. 2022 tauschte Robert die 25 Jahre alte Ölheizung durch eine teure, aber energieeffiziente Erdwärmepumpe aus und nutzte dazu eine regionale Heizungsbaufirma aus Pritzwalk. Es war erst die zweite Wärmepumpe der Firma, die ihn betreute. Die Kosten: Robert finanzierte die Kosten in Höhe von insgesamt 30.000 Euro mit einer BAFA-Förderung von knapp 13.000 Euro und seinen Ersparnissen. Mit der neuen Technik und dem Heizungstausch spart er rund 2.000 Euro pro Jahr ein. Robert U. kaufte eine 100 Jahre alte Doppelhaushälfte in einem kleinen Dorf. Eine neue Gastherme sei nicht erheblich billiger als seine Kosten für die Sanierung, meint der Lehrer. Im Gegensatz zu einer Gasheizung sei er mit der Gastherme künftig aber unabhängig von Energiepreisturbulenzen am Weltmarkt sowie der Entwicklung des CO2-Preises; er spare sich überdies den Schornsteinfeger und habe ein geringeres Risiko, dass die Technik ausfalle. Sein Fazit: Robert hat sich „bei diesem Vorhaben erst einmal mit Zettel und Stift hingesetzt und gerechnet“. Er findet: „Wir sollten viel ideologiefreier mit diesem Thema umgehen und einfach sehen, was man wirklich einspart.“ Er wollte aber auch seinen Teil für nachhaltige Lebensbedingungen tun. Denise N. aus Köpenick, Berlin: „Mit der Photovoltaik-Anlage haben wir schon wie blöde Geld gespart“ Denise N. ist Berufsschullehrerin, verheiratet und Mutter von zwei heute erwachsenen Söhnen. Zusammen mit ihrem Mann, einem Gärtner, hat sie 1998 eine Doppelhaushälfte unter großen Mühen und mit sehr viel Eigenarbeit gebaut. Seit 2017 hat die Familie ihr Haus energetisch saniert und dafür erst eine Photovoltaikanlage und 2022 eine Wärmepumpe installiert. Dazu kamen die Dämmung der obersten Geschossdecke in Eigenarbeit und Flächenheizungen im Dachgeschoss. Die Kosten: Für die Wärmepumpe haben sie eine mühsam angesparte Altersvorsorge des Mannes auflösen müssen. Beim Einbau hat die Familie aber auch Förderungen durch die BAFA und den Sonderfonds „Berliner Heizungsaustauschprogramm“ der Investitionsbank Berlin IBB erhalten. Am Ende hat die Wärmepumpe, die auch das Warmwasser für die Familie liefert, die Familie 18.000 Euro gekostet. Denise geht davon aus, dass die Familie dafür im Vergleich zur Gastherme schon heute 600 Euro pro Jahr an Heizkosten einspart und, dass dies aufgrund der steigenden CO2-Preise und der Turbulenzen auf den Strom- und Gasmärkten deutlich mehr werden wird. Und: „Mit der Photovoltaik-Anlage haben wir schon wie blöde Geld gespart.“ Exakt 8.100 Euro habe die Familie seit Oktober 2017 weniger ausgeben müssen, weil sie weniger Strom einkaufen muss und für den eingespeisten Strom vergütet wird. „Damit haben wir knapp 40 Prozent der Gesamtkosten für die Anlage schon wieder raus“, so Denise, die heute als Wirtschafts- und Mathelehrerin an einer Berufsschule arbeitet und zuhause die Finanzen betreut. Ihr Fazit: „Wir konnten im vergangenen Jahr in dem ganzen öffentlichen Debakel um exorbitant steigende Stromabschlagszahlungen und hohe Gaspreise sehr entspannt bleiben“, sagt die 48-Jährige. Was sie an der öffentlichen Debatte um das neue Heizungsgesetz am meisten stört, ist, dass kaum Lösungen präsentiert würden. „Ich kann diese Angstmacherei nicht verstehen“, sagt Denise. Sie fordert allerdings bessere Informationsmöglichkeiten. Es sei nicht einfach gewesen, etwa die Förderung der IBB wirklich zu finden. Sie selbst habe davon nur durch einen Freund davon erfahren. Rainer S., Rentner aus Unterfranken: „Eine bessere Rendite gibt es nicht“ Der Rentner besitzt ein im Jahre 1983 mit viel Eigenleistung gebautes Fertighaus. Die Situation: Der Rentner, der mit seiner Frau zusammen drei Enkelkinder hat, besitzt ein im Jahre 1983 mit viel Eigenleistung gebautes Fertighaus. Nach der ersten energetischen Sanierung seines Hauses und der Installation einer Photovoltaik-Anlage 2012 tauschte er im vergangenen Jahr mithilfe einer BAFA-Förderung seine Ölheizung gegen eine Luft-/Wasser-Wärmepumpe und einen Batteriespeicher aus. Die Kosten: „Unterm Strich habe ich nicht mehr bezahlt als für eine neue Ölheizung“, so Rainer. Seine künftige Kostenersparnis und die Instabilität der Weltmarktpreise für Öl und Gas eingerechnet, sieht er keinen Preisvorteil für Gas- oder Ölheizungen. Der 68-Jährige hat aufgrund der 45-prozentigen BAFA-Förderung für seine Luft-/Wasser-Wärmepumpe einen Eigenanteil von 17.000 Euro bezahlt. Die Solaranlage auf dem Dach sorgt für den Strom für den Haushalt und die Wärmepumpe. Jährlich liefert sie 8.000 Kilowattstunden Energie, von denen Rainer mehr als die Hälfte ins Netz einspeist und vergütet bekommt. Nur in den Wintermonaten bezieht er zusätzlich Strom. Pro Jahr spart er seit dem Heizungswechsel 2.500 Euro an Kosten. „In zehn Jahren habe ich die Kosten für die Wärmepumpe wieder raus. Mein Batteriespeicher hat sich in gut fünf Jahren amortisiert, die Kosten für die Photovoltaikanlage waren in neun Jahren komplett eingespart. Eine bessere Rendite gibt es nicht“, so Rainer. „Und ich bin unabhängig von den wechselnden Öl- oder Gaspreisen am Weltmarkt.“ Sein Fazit: „Ich bin schon viel nach Tipps gefragt worden“, erzählt Rainer. Er rät: „Wichtig ist eine wirklich gute Beratung, aber man muss anfangen.“ Wer über Jahrzehnte sein Haus nicht saniert habe, der stehe gerade mit alten Heizungen vor immer neuen Kosten. Bei allen Kostenvorteilen ist der Heizungswechsel hin zur nachhaltigen Heizenergie für den Rentner jedoch mehr als eine Geldfrage. „Wenn ich durch die Wälder radele, sehe ich, wie die Natur kaputtgeht. Und die Emissionen von Öl und Gas sind nun mal schädlich für unser Klima und die Natur.“