Sunday, September 17, 2023
Kommentar - Pannen-Faeser jammert, doch Deutschland wartet auf Asyl-Lösung
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Kommentar - Pannen-Faeser jammert, doch Deutschland wartet auf Asyl-Lösung
Artikel von Von FOCUS-online-Redakteur Malte Arnsperger •
55 Min.
Nach Ansicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser muss die EU mehr Druck hinsichtlich Serbiens Visa-Politik ausüben.
Innenminister Faeser beschwert sich über die Kritik an ihrer Person in der Causa Schönbohm. Sie sollte lieber Aufklärung betreiben und sich vor allem um ein politisches Problem kümmern - die immer weiter steigenden Geflüchteten-Zahlen in der EU und in Deutschland
Lampedusa platzt buchstäblich aus allen Nähten wegen der vielen neu ankommenden Geflüchteten. Das Lager der kleinen italienischen Insel hat keinen Platz mehr, die Menschen müssen Berichten zufolge im Hafen ausharren. Die postfaschistische italienische Regierung lässt jene Geflüchtete, die bereits auf dem Festland sind, gen Norden ziehen. Das wiederum ergibt ein Problem für Deutschland.
Faeser beschwert sich, dabei hat Deutschland ein Asyl-Problem
In Deutschland schlagen grenznahe Kreise via FOCUS online Alarm und machen mit schrillen Tönen auf sich aufmerksam.
Lesen Sie hier die Einschätzung der KreiseGefahr für sozialen Frieden - „Explosive Stimmung“: Grenz-Landkreise schlagen Alarm wegen Asyl-Politik
Und die zuständige Ampel-Ministerin? Nancy Faeser fühlt sich erst einmal ungerecht behandelt, klagt in einem aktuellen Interview mit der Taz über die harsche Kritik an ihrer Person im Fall Arne Schönbohm. Und die Situation an den deutschen und EU-Grenzen? Da habe sie doch tolle Maßnahmen ergriffen. Aber sie hat das Problem nicht gelöst, im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Siehe Lampedusa, siehe deutsche Grenze. Bei Faeser, die von strengeren Grenzkontrollen nichts wissen will, klingt das so: „Ich glaube, ich habe als Ministerin schon viel erreicht.“ Das ist einer Innenministerin unwürdig, sie stolpert vielmehr von einer Panne zur nächsten.
Faeser, mitten im hessischen Landtagswahlkampf, greift in dem Interview die Union frontal an. Sie wirft der politischen Konkurrenz vor, die Affäre um den von ihr strafversetzten Ex-Cybersicherheitschef Schönbohm für den Wahlkampf zu missbrauchen. Und weist darauf hin, dass sie seit Oktober 2022 schon mehrfach im Innenausschuss gewesen sei und bis dahin keine Fragen zu Schönbohm gestellt worden seien.
Tatsache ist aber, dass erst jetzt durch die Recherchen von Medien wie FOCUS online und anderen immer mehr über den Fall und Faesers äußerst fragwürdigen Umgang mit einem ihrer Spitzenbeamten bekannt wird. Und es war Faeser selbst, die in den letzten Wochen mehrfach nicht im Ausschuss erschienen ist. Damit hat sie die Affäre selbst befeuert. Denn ein Verdacht, den gerade auch die CDU in Hessen hat, liegt nahe: Da will jemand die Aufklärung behindern, da hat jemand Angst vor kritischen Fragen. Gut, dass Faser jetzt angekündigt hat, sich doch noch vor der Hessenwahl dem Ausschuss zu stellen.
Experten lassen kein gutes Haar an EU-Reform
Auch beim Thema Asyl werden die Fragen der politisch Verantwortlichen und der Bevölkerung härter und drängender. Faeser lobt sich dafür, eine europäische Einigung erreicht zu haben, „an der viele vor mir gescheitert sind“. Ja, es stimmt, an einer Asylreform auf EU-Ebene haben sich viele die Zähne ausgebissen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sowohl der SPD politisch Nahestehende als auch Experten wenig Lob für diese Reform übrig hatten. So sagte der Konstanzer Wissenschaftler Daniel Thym, dass sich durch die geplante Durchführung von Asylverfahren an den EU-Außengrenzen „für den großen Teil der Menschen, die irregulär in die EU einreisen, kaum etwas ändern wird“. Der Migrationsexperte hat Recht: Die Einigung der europäischen Innenminister ist dürftig, denen sie betrifft nur jene Migranten, deren Asylansinnen offensichtlich unbegründet ist. Die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer aus dem Maghreb blockieren die Grünen und Faeser arbeitet offensichtlich nicht dagegen an.
Vor allem befindet sich die geplante EU-Reform noch im Gesetzgebungsverfahren, es wird wohl noch Monate dauern, bis sie beschlossen ist. Bis dahin, so zumindest muss man die Einschätzungen aus den Landkreisen verstehen, könnte die Situation mancherorts kaum mehr beherrschbar sein.
Demokraten müssen Lösungen erarbeiten - und zwar schnell
Doch genau das darf nicht passieren. Verantwortungsvolle Politik darf nicht riskieren, die Kommunen zu überfordern. Im Interesse der Einwohner, der Flüchtlinge, aber auch der Demokratie. Sie darf nicht zuschauen, wie den Menschenrechts- und Demokratiefeinden von der AfD immer mehr Wähler zuströmen. Die Politik muss jetzt handeln, den Menschen zeigen, dass es zumindest berechtigte Hoffnungen gibt, dass die Dinge wieder in halbwegs akzeptable Bahnen gelenkt werden.
Markus Söder fordert einen „Deutschlandpakt gegen unkontrollierte Zuwanderung“. Damit stellt er dem Kanzler Olaf Scholz, der einen generellen „Deutschlandpakt“ vorgeschlagen hat, auf die Probe: Meint es der SPD-Kanzler ernst, dann könnte man mit der Migration anfangen.
Söders Vorschläge sind natürlich auch vom Wahlkampf in Bayern gefärbt, und wenn der CSU-Chef und Ministerpräsident sagt, die Obergrenze von 200.000 Migranten pro Jahr habe unter der Großen Koalition „funktioniert“, dann schummelt er. Es gab keine wirkliche Obergrenze, der damalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) war damit bei Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gescheitert. Söder wischt darüber hinweg. Auch kamen in den letzten Jahren der Unions-SPD-Koalition einfach weniger Flüchtlinge. Und was passieren soll, wenn die von ihm geforderte „Integrationsgrenze“ erreicht ist, sagt Söder auch nicht. Aber es geht ihm offenbar um eine parteiübergreifende Kraftanstrengung. Es liegt auch an Nancy Faeser, diese Einladung anzunehmen, statt sich mit Sätzen wie diesem zu feiern: "Anders als die CDU packe ich die Dinge an, auch wenn sie nicht einfach sind.“