Tuesday, September 12, 2023

Starkes China droht: Russland blickt nach Osten

Berliner Zeitung Starkes China droht: Russland blickt nach Osten Artikel von Michael Maier • 10 Std. Der russische Umweltminister Alexander Kozlov begrüßt Kim Jong-un am Bahnhof von Khasan. Ort und Zeitpunkt des Treffens von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin blieben bis zuletzt geheim. Am Dienstag bestätigte dann Kremlsprecher Dimitri Peskow, Kim sei mit seinem gepanzerten Zug inzwischen im Land eingetroffen. Ein geplantes Treffen mit Präsident Wladimir Putin werde im Fernen Osten Russlands stattfinden. Doch wo und wann genau das passiert, sagte Peskow nicht. Spekuliert wurde, das Treffen erfolge in der Großstadt Wladiwostok, die Kim schon im April 2019 besucht hatte. Nordkoreas Staatsmedien berichteten am Dienstag, Kim habe seinen Zug in Begleitung von Vertretern der herrschenden Arbeiterpartei, der Regierung und des Militärs bestiegen. Angesichts der großen Zahl an Militärvertreten, die Kim begleiteten, werde Südkorea genau verfolgen, ob es zwischen Nordkorea und Russland zu Verhandlungen über Waffenlieferungen kommen werde, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul. Die USA und ihr Verbündeter Südkorea befürchten, dass Putin aus Nordkorea Waffen und Munition für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben will. Im Gegenzug könnte Russland seinen Nachbarn technologisches Know-how für Satelliten oder etwa auch für den Bau von Atom-U-Booten anbieten. Die Deutsche Presse-Agentur vertritt die Auffassung, Kim könnte sich gegen die neu formierte Militärkooperation der USA mit Südkorea und Japan enger an Russland anlehnen. Moskau und Pjöngjang bekräftigten in den vergangenen Monaten mehrfach, ihre Zusammenarbeit ausbauen zu wollen. Doch für Russlands Präsident Putin dürfte es vor allem darum gehen, das Heft des Handelns in Asien nicht vollständig China zu überlassen. Russland braucht andere Allianzen, um nicht vollständig in die Abhängigkeit von China zu geraten – eine Entwicklung, die sich nach dem russischen Angriff beschleunigt hat. In China wird genau beobachtet, dass Russland wegen des Krieges in der Ukraine militärisch gebunden ist. Die Flanke im Osten ist dagegen weit offen und kann aktuell militärisch nicht gesichert werden. Alte Gebietsansprüche Chinas könnten bei einer Schwächung Russlands virulent werden. Daher will Russland die wirtschaftliche Kooperation mit Asien stärken. Putin sagte bei einem Treffen mit Sitzungsmoderatoren beim Eastern Economic Forum in Wladiwostok: Die Entwicklung des Fernen Ostens habe „eine direkte Priorität für Russland als Ganzes für das gesamte 21. Jahrhundert, weil es eine riesige Region ist, mit einer kleinen Bevölkerung, aber großem Potenzial. Natürlich ist dies ein strategisches Interesse für das Land“, so Putin laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Die Region müsse entwickelt werden – jedoch „muss nicht nur über die Erschließung von Bodenschätzen gesprochen werden“. Es sei im Fernen Osten „notwendig, noch mehr Betriebe für die Verarbeitung industrieller Rohstoffe aufzubauen, um die Wertschöpfung zu erhöhen.“ Flugzeugbau und Schiffbau sollen gestärkt, die Entwicklung der Industrieproduktion in den unterschiedlichsten Sektoren vorangetrieben werden. Putin hat vor allem die Infrastruktur im Blick. Putin ging gesondert auf Umweltthemen ein. „Was den Baikalsee und andere besonders geschützte Gebiete betrifft, ist natürlich besondere Vorsicht geboten“, stellte er fest. Nach Ansicht des Präsidenten muss man bei der industriellen Entwicklung in Gebieten wie dem Gebiet rund um den Baikalsee sehr vorsichtig vorgehen, um die Umwelt nicht zu schädigen. „Gleichzeitig soll es aber nicht darum gehen, die Menschen, die in solchen Gebieten leben, daran zu hindern, ein erfülltes Leben zu führen, sondern im Gegenteil, ihnen durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien zu helfen“, erklärte das Staatsoberhaupt. „Das ist natürlich machbar, und wir werden es tun“, versprach er. Ob Putin mit Nordkoreas Kim auch über wirtschaftliche Themen spricht, ist nicht bekannt. Es ist Kims erste Reise nach Russland nach mehr als vier Jahren. Und es ist das erste Mal seit Beginn der Corona-Pandemie, dass er seinen streng abgeschotteten Herrschaftsbereich verlässt. Zuletzt hatte Nordkorea jedoch auch wieder kommerzielle Flüge von und nach China und Russland zugelassen. Wenn Kim wie jetzt wieder den Schienenweg nimmt, hat das Tradition. Schon der Großvater und „ewige Präsident“ Kim Il Sung sowie sein Vater Kim Jong Il traten während ihrer Herrschaft lange Auslandsreisen mit einem Zug an. (mit dpa)