Wednesday, July 5, 2023
Neubauer-Rede in Tübingen: Palmer reagiert deutlich
t-online
Neubauer-Rede in Tübingen: Palmer reagiert deutlich
Artikel von Philip Buchen • Vor 13 Std.
"Frontalangriff"
Boris Palmer und Luisa Neubauer : Beide wollen weg vom CO₂ – doch über das wie, sind sie sich uneins. (Quelle: Imago)
Scharfe Worte in einem öffentlichen Brief: Eine Tübinger Rede der Klimaaktivistin Luisa Neubauer schmeckt dem OB gar nicht. Nun reagiert er scharf.
Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, hat direkt nach seiner vierwöchigen Auszeit einen Brief an die Klimaaktivistin Luisa Neubauer geschrieben. Palmer kritisiert darin eine Rede von Neubauer während seiner Auszeit, die im Rahmen der "Tübinger Mediendozentur" stattfand, in der sie einen "fossilen" Lebensstil kritisiert hatte.
Palmer wirft Neubauer in dem Brief einen "Frontalangriff auf das westliche Wohlstandsmodell" vor. Der ehemalige Grünen-Politiker verweist darauf, dass menschlicher Fortschritt in entscheidenden Lebensbereichen nicht ohne die Nutzung "einfach und günstig verfügbarer fossiler Energiequellen" möglich gewesen wäre.
Die "Fridays For Future"-Sprecherin beschwöre in ihrer Kritik am "fossilen" Lebensstil eine "neue Gegnerschaft" herauf. Palmer schlägt stattdessen vor: "Wenn wir das Klima retten wollen, dann kann das nur gelingen, indem wir einen universalistischen Ansatz wählen, also ein Modell entwickeln, das tatsächlich so attraktiv ist, wie der von Ihnen so bezeichnete fossile Lebensstil, nur eben ohne CO₂-Emissionen."
Wie genau das aussehen soll, ließ Palmer offen, der in seinem Schreiben mehrfach kommunale Erfolge in Tübingen beim Ausstieg aus fossilen Energien erwähnte.
Palmer warnte die Klimaaktivisten auch: "Nur ein Anliegen über alles zu stellen, birgt logisch die Gefahr, ins Totalitäre abzurutschen." Den Hang zum Totalitären beobachte er zwar nicht bei Neubauer selbst, jedoch bei den Aktivisten der "Letzten Generation", die keine Verbindungen zu "Fridays For Future" hat. Luisa Neubauer äußerte sich am Dienstagabend zunächst nicht zu Palmers Schreiben.
Palmer ist nach Auszeit und Grünen-Austritt zurück
Lange war es nicht ruhig um den Oberbürgermeister von Tübingen: Er hatte sich zuletzt eine Auszeit genommen, nachdem er bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt am Main mit Kritikern in Streit geraten war. Dort antwortete er auf "Nazis raus"-Rufe von Menschen, die sich darüber verärgert gezeigt hatten, dass Palmer wiederholt die rassistische Beleidigung "Neger" verwendet hatte: "Das ist nichts anderes als der Judenstern."
Weggefährten und Parteifreunde wandten sich daraufhin von ihm ab, Palmer entschuldigte sich anschließend dafür, dass der Eindruck entstanden sei, er würde den Holocaust relativieren. Nach der Eskalation um seine umstrittenen Äußerungen war er auch bei den Grünen ausgetreten.
Der streitbare Politiker ist seit 2007 Oberbürgermeister in Tübingen. Mit Äußerungen etwa zur Flüchtlingspolitik sorgte er immer wieder für Kontroversen und sah sich Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Bundesweites Aufsehen und Anerkennung brachten aber auch sein Management während der Corona-Pandemie sowie seine kommunale Umweltpolitik.