Tuesday, May 31, 2022
Markus Lanz: Keine schweren Waffen für die Ukraine: Röttgen spricht von "geheimer Agenda" der Regierung
Markus Lanz
Keine schweren Waffen für die Ukraine: Röttgen spricht von "geheimer Agenda" der Regierung
teleschau - Vor 20 Min.
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Seit mittlerweile vielen Wochen wird in Deutschland über die Lieferung schwerer Waffen für die Ukraine diskutiert, Ende April stimmte der Bundestag dafür. Laut Norbert Röttgen ist aber nichts passiert. Den Grund dafür sieht der CDU-Politiker in einer Agenda, die öffentlich nicht zugegeben werde.
Während in der Ukraine weiter der russische Angriffskrieg tobt, bleibt Deutschlands Rolle im Konflikt teils undurchsichtig. "Liefert Deutschland Waffen oder liefert Deutschland keine Waffen?" - Dass Gastgeber Markus Lanz in seiner Talksendung diese Frage überhaupt stellen muss, spricht nicht für die Kommunikation der Bundesregierung. Die Frage bezog sich auf sogenannte "schwere Waffen", etwa Panzer. Gestellt wurde sie CDU-Politiker Norbert Röttgen, dessen Antwort unmissverständlich ausfiel: "Die Fakten sind ganz eindeutig: Es ist nicht geliefert worden."
Gastgeber Markus Lanz begrüßte am Dienstag CDU-Politiker Norbert Röttgen, Politikwissenschaftlerin Liana Fix, Linken-Politiker Jan van Aken und Ökonom Marcel Fratzscher in seiner Runde.
Am 28. April habe man im Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Ukraine von Deutschland schwere Waffen zur Verteidigung bekommen solle. Nur, wenn es gelinge, die russische Armee zurückzudrängen und aufzuhalten, gebe es überhaupt nur eine Chance auf Diplomatie. Geschehen sei laut Röttgen allerdings nichts. Es gebe immer neue Ausreden, immer neue falsche Erklärungen, die sich zum Teil wechselseitig widersprächen." Man könne gar eine "Chronologie der Ausreden" anlegen - was Röttgen dann prompt tat.
Zunächst sei seitens der Regierung gesagt worden, man dürfe nicht über Waffenlieferungen reden. Dann habe sie erklärt, Deutschland habe keine Waffen. Später dann, die Waffen, die man habe, seien nicht verfügbar. "Die Waffen, die wir nicht verfügbar haben, nutzen der Ukraine gar nichts", sei die nächste Ausrede gewesen, gefolgt von: "Wir machen keine deutschen Sonderwege, dabei ist der deutsche Sonderweg, nicht zu liefern." Anschließend wurden vermeintliche - und von den Partnern dementierte - Verabredungen vorgeschoben. So habe man sich mit der Nato oder auch Großbritannien, Frankreich und den USA abgesprochen, keine Waffen zu liefern.
"Warum?": Markus Lanz (links) hörte bei Röttgen nach, weshalb sich die Regierung im Ukraine-Krieg so verhalte.
"Fortgeltung alten sozialdemokratischen Denkens"
Seine Liste beendete Röttgen mit dem Fazit: "Das Faktum ist, wir liefern nicht. Und das ist kein Zufall, sondern es ist politischer Wille." Dabei sei Deutschland die viertgrößte Volkswirtschaft, verfüge über die viertgrößte Rüstungsindustrie der Welt und habe sehr wohl verfügbare Waffen. Dafür führte der CDU-Mann zwei Quellen an: Die Bundeswehr sowie die zuständige Industrie, die "keine Genehmigungen und keine Aufträge" bekomme. "Deutschland ist zurzeit nicht angegriffen, sondern Europa wird verteidigt in der Ukraine", stellte er in Bezug auf vermeintliche Engpässe der deutschen Armee klar. "Definitiv können wir liefern."
Entgegen dem Entschluss des Bundestags, bislang keine schweren Waffen zu liefern, zeuge von Respektlosigkeit dem Parlament gegenüber. Was blieb, war die Frage nach dem "Warum?", die Lanz schließlich stellte. Das, was die Regierung eigentlich wolle, sage sie nicht, "und darum wird es verquer und nicht verständlich". Deshalb könne auch er nur Vermutungen äußern.
Eine Vermutung klang besonders nach: "Ich glaube, es wird eine heimliche Agenda verfolgt." Dies sei eine andere als ein Sieg der Ukraine in dem Sinne, "dass die russischen Truppen wieder dahingehen, wo sie vor dem Krieg waren". Stattdessen vermutete Röttgen die "Fortgeltung alten sozialdemokratischen Denkens": Russland sei eine Realität, wichtiger als die andere Staaten und man wolle mit Russland verhandeln.
"Sozusagen ein Minsk 3", fasste Röttgen seine Ansichten zur SPD-geführten Regierung zusammen. "Wir tun nichts - als deutsche Regierung -, was unsere Gesprächs- und Verhandlungsfähigkeit mit Russland wirklich beschädigt." Dies sei eine andere Priorität, "als der Ukraine das zu geben, was sie braucht". Aber diese vermeintliche Agenda werde eben nicht öffentlich zugegeben.
"Da wird gefeilscht, um unsere Interessen"
Zu Beginn der Sendung wurde eine Ukrainerin zugeschaltet, die in ihrer Heimat Schreckliches erlebte, ihr Mann wurde vor ihren Augen erschossen. Diese Zeitzeugen seien laut Röttgen "so wichtig, damit wir uns bewusst bleiben in unseren Diskussionen und Entscheidungen und auch als Gesellschaft - nicht nur in der Politik - dass es um Krieg geht und was Krieg bedeutet". Alle Schwierigkeiten, die man hierzulande habe, etwa mit höheren Preisen: "Es ist ein nichts, gegenüber diesem Schicksal". Ein Schicksal, "dass es zig tausendfach in der Ukraine gibt".
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte kürzlich vor einer möglichen Müdigkeit in Bezug auf Nachrichten zum Krieg. "Mein Empfinden ist, dass unsere Bevölkerung sehr wachsam ist, sehr empathisch ist. Ich sehe eher in der Politik den Adressaten der Mahnung der Außenministerin", erklärte Röttgen dazu.
Teilen der Regierung warf er beim EU-Gipfel einen "faulen Kompromiss um das Öl-Embargo" gegen Russland vor. "Da wird gefeilscht, um unsere Interessen." Es ginge ihr darum, was man der deutschen Bevölkerung vermitteln könne. Dann wird er deutlich: "Die Bevölkerung ist empathisch, sie ist verantwortlich. Sie will, dass diese Leiden ein Ende haben." Röttgen sehe kein gesellschaftliches Problem, sondern mehr eines "mit europäischen Regierungen, die nur an sich denken und feige sind, und die Bevölkerung unterschätzen."
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