Tuesday, March 19, 2024

„Haben schwere gesellschaftliche Schäden verursacht und Spaltungstendenzen vertieft“

WELT „Haben schwere gesellschaftliche Schäden verursacht und Spaltungstendenzen vertieft“ Kaja Klapsa • 24 Mio. • 2 Minuten Lesezeit Die FDP möchte die Corona-Pandemie aufarbeiten. In einem Brief an SPD und Grüne fordern die Liberalen eine Enquete-Kommission. Die Maßnahmen müssten wissenschaftlich überprüft werden, sonst gebe es keine „gesellschaftliche Heilung“. Die FDP-Fraktion fordert die Ampel-Koalitionäre erneut zur Bildung einer Enquete-Kommission auf, um die Corona-Pandemie aufzuarbeiten. Dies geht aus einem Brief hervor, der am Montag an die Fraktionsspitzen von SPD und Grüne versandt wurde und der WELT exklusiv vorliegt. Initiatoren des Briefs sind der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Andrew Ullmann und Bundestagsvize Wolfgang Kubicki. „Wir haben drei Jahre in einem gesellschaftlichen Zustand gelebt, der dringend aufgearbeitet werden muss“, heißt es in dem Brief. Damit sei nicht gemeint, einem Maßnahmenrevisionismus Vorschub zu leisten, das Gegenteil sei der Fall. „Wenn wir nicht gründlich mit wissenschaftlicher Hilfe aufarbeiten, welche Maßnahmen notwendig und sinnvoll waren, welche Entscheidungsprozesse legitim und demokratisch angemessen waren, welche wirtschaftlichen Einschnitte vertretbar und effizient waren, dann kann es passieren, dass schnell das Vergessen Einzug hält und eine gesellschaftliche Heilung nicht eintreten kann.“ Es müsse ein Modus Operandi gefunden werden, in dem das Parlament bei künftigen Krisen weiterhin die maßgeblichen Entscheidungen trifft. „Es darf nicht noch einmal vorkommen, dass wir in einer möglichen kommenden Krisensituation unsere Rechte und Pflichten als Parlament an die Exekutive abgeben, dass Grundrechte auch wegen schwacher Datenlage in Mitleidenschaft gezogen werden, die Bildungschancen unserer Kinder geschmälert werden und politische Entscheidungsträger selbst gesellschaftliche Spaltungstendenzen befördern“, schreiben die Verfasser. Der Brief endet mit der ausdrücklichen Bitte an die Ampel-Fraktionen, zur Einsetzung einer Enquete-Kommission in Gespräche einzutreten, „damit wir uns nicht in ein, zwei oder auch zehn Jahren vorwerfen müssen, dass wir nichts getan haben, als wir die Möglichkeit dazu hatten“. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andrew Ullmann, sagte WELT: „Allen Verantwortlichen ist klar, dass es eine Aufarbeitung geben muss. Ohne Aufarbeitung kann die nächste Pandemie uns als Gesellschaft irreversibel und katastrophal schädigen.“ Dies dürfe man als Regierungsbündnis nicht zulassen. „Die Koalitionspartner sollten und müssen noch einmal intensiv über eine Aufarbeitung nachdenken und Farbe bekennen. Noch ist Zeit zum Handeln.“ Es sei eine Lernerfahrung herauszufinden, warum Stimmen, die sich im Nachhinein als richtig erwiesen haben, nicht in der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden seien, sagte Bundestagsvize Wolfgang Kubicki WELT. „Vielerorts wird unterschätzt, wie tief die Enttäuschung, wie groß die Frustration und wie fortgeschritten die Abwendungstendenzen von Teilen unserer Gesellschaft sind“, so Kubicki. „Einige Maßnahmen, wie 2G, haben aus meiner Sicht schwere gesellschaftliche Schäden verursacht und Spaltungstendenzen vertieft.“ Nun sei die Aufgabe, mit einer sauberen und vorbehaltlosen Aufklärung dazu beizutragen, „dass Gräben wieder zugeschüttet werden können, damit Heilung ermöglicht wird“. Die FDP-Fraktion hat erstmals Ende 2022 die Einberufung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie gefordert und vor einem Jahr ein entsprechendes Positionspapier beschlossen. Abgeordnete der Grünen und der SPD zeigten sich eher skeptisch. Um eine Enquete-Kommission einzusetzen, muss mindestens ein Viertel der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zustimmen. Die Kommission besteht aus Abgeordneten aller Fraktionen und Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis. In der Regel wird am Ende dem Bundestag ein Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt.