Friday, March 8, 2024
Auf den Wortlaut kommt es an: So will die Union doch noch die Mehrheit für die Taurus-Lieferung holen
Tagesspiegel
Auf den Wortlaut kommt es an: So will die Union doch noch die Mehrheit für die Taurus-Lieferung holen
von Christiane Rebhan • 21 Std. • 3 Minuten Lesezeit
In der kommenden Sitzungswoche wollen CDU und CSU im Bundestag erneut über Waffenlieferungen an die Ukraine abstimmen lassen. FDP-Vize Kubicki forderte die Union auf, ihren Antrag defensiver zu formulieren.
Auf wie viele Arten kann man das Wort Taurus schreiben? Mit dieser Frage scheint sich die CDU/CSU-Fraktion gerade zu befassen, denn die Union will in der kommenden Woche erneut die Lieferung der Langstreckenwaffe an die Ukraine zum Thema im Bundestag machen.
Das bestätigte Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) auf Nachfrage des Tagesspiegels. „Es wäre sinnvoll, nächste Woche erneut eine Abstimmung zu ermöglichen, nachdem nun jeder weiß, dass es keine rechtlichen oder technischen Gründe gibt, die gegen eine Lieferung der Marschflugkörper an die Ukraine sprechen“, sagte er.
Nach dem gescheiterten Antrag von November 2023 und einem weiteren Versuch Mitte Februar gibt es dieses Mal offenbar mehr Fürsprecher aus den Reihen der Ampelparteien. Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki kündigte im „Merkur“ an: „Ich bin sicher, dass diesmal mehr Abgeordnete dafür stimmen werden, Taurus in die Ukraine zu liefern.“
Innerhalb der FDP-Fraktion hätten sich bei der letzten Abstimmung mehr als eine Handvoll Abgeordnete der Koalitionsdisziplin unterworfen, obwohl sie dem Antrag der Union mehr zuneigten, sagte Kubicki dem Tagesspiegel.
Wenn die Union einen Antrag formuliere, „der nicht den Kanzler oder die Ampel in den Senkel stellt, gehe ich davon aus, dass es dieses Mal sicherlich einige Stimmen mehr aus meiner Fraktion geben wird“, sagte Kubicki. Bei der letzten Abstimmung hatte lediglich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), mit der Unionsfraktion gestimmt.
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FDP wirft der Union „Spielchen“ vor
Allzu groß dürfte die Anzahl der Abweichler aus den Regierungsfraktionen jedoch auch diesmal nicht werden. Das vermutet zumindest Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Bis zur Sommerpause wird die Union voraussichtlich jede Woche eine Wahl zum Taurus-Thema ansetzen, um für Unruhe innerhalb der Ampelfraktionen zu sorgen“, sagte Lechte dem Tagesspiegel.
Er unterstellte den Oppositionsparteien, „Spielchen zu treiben“. Viele Abgeordnete von Grünen und FDP hätten sich klar für die Lieferung der Marschflugkörper positioniert. „Was geliefert wird, ist allerdings Aufgabe der Bundesregierung, nicht des Parlaments“, sagte Lechte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte der Taurus-Lieferung eine Absage erteilt, mit der Begründung, das Risiko, dass Deutschland Kriegspartei würde, sei zu groß. Im Beschluss der Regierungsfraktionen war deshalb nur die Rede von „Langstreckenwaffen“, anstatt die genaue Art zu benennen.
Die Union will unverzüglich Taurus an die Ukraine liefern
Im Unionsantrag, der aktuell beim Auswärtigen Ausschuss liegt, heißt es: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich der ukrainischen Bitte nach Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus verfügbaren Beständen der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang zu entsprechen“.
Der Antrag weist Parallelen zum Beschluss von SPD, Grünen und FDP auf. In beiden Texten findet sich zum Beispiel eine Zusage an die Bundeswehr, Ausrüstungslücken, die durch Rüstungslieferungen an die Ukraine entstehen, schnell zu schließen.
Die Lieferung von Taurus ist das überfällige Zeichen der Stärke gegenüber Putin.
CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter zum neuen Anlauf, eine Mehrheit für die Waffenlieferung zu erreichen
Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt trotzdem, den Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion abzulehnen. Voraussichtlich am Donnerstag oder Freitag kommender Woche soll nun im Plenum namentlich abgestimmt werden.
Die Waffenlieferung wäre ein überfälliges „Zeichen der Stärke gegenüber Putin“, sagte der CDU-Verteidigungsexperte Kiesewetter dem Tagesspiegel und warb damit um Unterstützung. Eine Mehrheit im Bundestag würde helfen, „das durch den Bundeskanzler zerstörte Vertrauen unserer Partner ansatzweise wiederherzustellen, zumindest auf parlamentarischer Ebene.“
Für sein Nein zu Taurus musste Kanzler Scholz viel Kritik von der Union einstecken. Vielleicht kommt es also weniger auf den genauen Text des Taurus-Antrags an, sondern mehr auf das, was sonst noch aus den Reihen der Opposition zu hören ist.