Sunday, April 10, 2022
Ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska: Erst eine Woche nach Kriegsbeginn kamen ihr die Tränen
Ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska: Erst eine Woche nach Kriegsbeginn kamen ihr die Tränen
Business Insider Deutschland - Vor 3 Std.
Die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi schildert in einem Interview mit der Modezeitschrift „Vogue“, wie sie die erste Nacht des Krieges erlebte, als am 24. Februar Putins Truppen die Ukraine überfielen.
Seine Frau erinnert sich sehr gut daran, als die ersten Raketen auf ukrainisches Gebiet einschlugen: Sie erwachte zwischen vier und fünf Uhr morgens wegen eines lauten Geräuschs. „Ich habe nicht sofort realisiert, dass es eine Explosion war. Ich habe auch nicht verstanden, was es hätte sein können. Mein Ehemann war nicht im Bett.“ Sie stand auf und fand ihn schon komplett mit Anzug und weißem Shirt bekleidet vor – anscheinend das Standard-Arbeitsoutfit von Selenskyi. Olena sagt im Interview, es sei das letzte Mal, dass sie ihn so gesehen hat: „Danach sah ich ihn nur noch in Militär-Sachen.“
In der ersten Kriegsnacht sagte ihr Mann nur zu ihr: „Es hat angefangen.“ Beide sorgten sich um ihre Kinder, die neun und 17 Jahre alt sind. „Was sollen wir mit den Kindern machen?“, fragte Selenska ihren Mann. „Warte“, antwortete er. „Ich gebe dir Bescheid. Such für alle Fälle das Wichtigste und die Papiere zusammen.“ Dann verließ der Staatschef das Haus.
Sie wollte eine Stütze für ihre Kinder sein
Die Tage zuvor wurde viel über eine mögliche Invasion der Russen gesprochen. Doch bis zur letzten Minute hätte niemand im Land – Selenska eingeschlossen – glauben, dass es wirklich so weit kommen sollte. Also war der 23. Februar in der Präsidentenfamilie noch ein ganz normaler Arbeitstag. Die Kinder, Tochter Oleksandra (17) und Sohn Kyrylo (9), kamen aus der Schule und am Abend wurde der nächste Tag vorbereitet. So erzählt es die ukrainische First-Lady.
Im Austausch mit der Zeitschrift „Vogue“ schreibt Selenska, dass sie wie jede andere ukrainische Ehefrau und Mutter seit Februar in dauerhafter Sorge um ihren Mann ist und um die Sicherheit ihrer Kinder. Allerdings stehe sie auch in der Verantwortung, sich um die vielen Frauen in der Ukraine zu kümmern, die unter dem Krieg leiden. Selenska hat einen eigenen Telegram-Kanal eingerichtet, auf dem man sich an sie wenden kann.
Doch eine besondere Stützte wollte sie für ihre Kinder sein. „Ich versuchte, selbstbewusst, tatkräftig und lächelnd ihnen zu erklären, dass es jetzt notwendig ist, in den Keller zu gehen und das Licht auszulassen“, sagte Olena Selenska im Interview weiter. Die Kinder fragten, wann sie ihren Vater das nächste Mal sehen würden. „Bald“, antwortete ihre Mutter ausweichend. Zu Beginn des Krieges hoffte sie noch, dass sie bei ihrem Mann Selenskyi bleiben konnte – doch die Hoffnung zerschlug sich schnell. Sie und die Kinder wurden an einen sicheren Platz gebracht. Der ukrainische Präsident ist bis jetzt in der Hauptstadt Kiew geblieben, meldet sich von dort immer wieder im Fernsehen und über Videobotschaften zu Wort.
Seine Frau weinte das erste Mal, eine Woche nach Kriegsbeginn. Sie telefonierte ihre Verwandten ab, weil sie hören wollte, wie es ihnen geht und ob sie alle am Leben sind. Da wurde Olena Selenska plötzlich bewusst, dass sie nicht weiß, wann sie ihre Lieben das nächste Mal sehen wird. „Das war wahrscheinlich das erste Mal, dass ich weinte. Das erste Mal, an dem ich meinen Emotionen nachgab. Ich konnte nicht mehr.“