Friday, April 8, 2022

Tankrabatt erst im Juni – dafür sollen Firmen jetzt schneller Geld bekommen

WELT Tankrabatt erst im Juni – dafür sollen Firmen jetzt schneller Geld bekommen Karsten Seibel - Gestern um 20:00 Alle Berufstätigen, die auf die angekündigte Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro und die Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe warten, werden sich noch gedulden müssen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) geht davon aus, dass die Maßnahmen erst zum 1. Juni rechtswirksam werden. Das genaue Datum hänge davon ab, wie schnell die entsprechenden Gesetze in den kommenden Wochen verabschiedet würden. Nun sind die Spritpreise an den Tankstellen zwar auch ohne staatliche Unterstützung bereits wieder ein gutes Stück von den Rekordwerten entfernt. Doch nach der Ankündigung Lindners zeichnet sich ab, dass private Haushalte länger auf die bereits Ende März angekündigten finanzielle Hilfen warten müssen als alle Unternehmen, die von den hohen Energiepreisen betroffen sind. Für letztere kündigte die Bundesregierung erst jetzt ein Entlastungspaket an. „Wir wollen Härten abfedern und Strukturbrüche verhindern“, sagte der Finanzminister. Es werde deswegen eine Art wirtschaftspolitischen Stoßdämpfer geben. Bei der gemeinsamen Präsentation mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war offensichtlich, dass sich beide vorgenommen hatten, keine allzu hohen Erwartungen bei Unternehmen zu wecken und gleichzeitig die Steuerzahler nicht zu sehr zu verschrecken. Habeck wies darauf hin, dass „nicht jede Härte rausgenommen“ werden könne. Niemand dürfe eine „totale Kostenübernahme durch den Staat“ erwarten. Der Kollaps ganzer Firmen müsse aber verhindert werden. Für die ersten 100 Prozent kommt der Staat nicht auf Neu an dem Maßnahmenpaket ist vor allem der „zeitlich befristete und eng umgrenzte“ Kostenzuschuss, um den Anstieg der Erdgas- und Strompreise zu mildern. Das Programm ist mit einem Kriterienkatalog verbunden. Hilfen können beispielsweise nur Unternehmen erwarten, deren Energiekosten sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt haben, sagte Habeck. Die ersten 100 Prozent Preissteigerung gehören also zum unternehmerischen Risiko, dafür kommt der Staat nicht auf. Andere Programmpunkte standen schon in den vergangenen Wochen in Not geratenen Unternehmen zur Verfügung. Zu ihnen gehören Kredite der staatlichen Förderbank KfW, Bund-Länder-Bürgschaften und spezielle Finanzierungsprogramme für Energieunternehmen, die an den Börsen mit Strom und Erdgas handeln und kurzfristig zusätzliche Sicherheiten hinterlegen müssen, sogenannte Margins. Diese Unterstützungsleistungen, die bislang auf einzelne Unternehmen zugeschnitten wurden, sollen nun standardisiert und in Gesetze gefasst werden. „Wir beenden das Provisorium“, sagte Habeck. Geprüft wird zusätzlich die Option, inwiefern der Staat besonders relevante Unternehmen mit Eigenkapital stabilisiert. Für angeschlagene Unternehmen kommt es vor allem darauf an, dass die Hilfen rechtzeitig bei den Unternehmen ankommen. Die standardisierten Kredite und Bürgschaften sollen noch im April zur Verfügung stehen. Damit die Anträge auf direkte Energiepreiszuschüsse gestellt werden können, müssen Unternehmen wohl noch bis Mai warten, machte Habeck deutlich. In Reihen der Opposition begrüßte man die Hilfe für Unternehmen, doch dort mahnte man zu Tempo. „Damit die Hilfen noch rechtzeitig ankommen, ist es jetzt wichtig, schnell zu handeln“, sagte Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. Wenn die Umsetzung so laufe wie beim Maßnahmenpaket zum Umgang mit den hohen Energiekosten, sei sie wenig optimistisch. Das sei schließlich über die Papierform bislang nicht hinausgekommen. Lindner nannte die direkten Folgen des neuerlichen Hilfspakets verantwortbar. Die direkten Energiekostenzuschüsse veranschlagte er auf rund fünf Milliarden Euro. Da es sich beim Rest um Kredite und Bürgschaften handelt, müssten diese nicht sofort im Haushalt abgebildet werden. Damit wird das Volumen des für Ende April angekündigten Ergänzungshaushalts immer klarer: es wird bei mindestens 24 Milliarden Euro liegen. 17 Milliarden Euro für das Entlastungspaket von Ende März, zwei Milliarden Euro, die der Bund den Ländern zur Unterstützung der Flüchtlingshilfe zugesagt hat und nun fünf Milliarden Euro für energieintensive Unternehmen. Hinzu können noch humanitäre Unterstützung im Ausland sowie Hilfen für die ukrainische Armee kommen, sagte Lindner. Eine genaue Höhe des Ergänzungshaushalts könne er deshalb noch nicht nennen. Von den 50 Milliarden Euro, die von der Opposition zuletzt ins Spiel gebracht worden waren, bleibe man in jedem Fall ein Stück entfernt. Auf neue Rekordschulden steuert der Bund in diesem Jahr auf jeden Fall zu. Der bisherige Rekordwert mit neuen Schulden in Höhe von 215 Milliarden Euro stammt aus dem Vorjahr.