Wednesday, March 26, 2025

Die AfD fliegt so hoch wie nie – und Merz bekommt ein Ultimatum gestellt

FOCUS online Die AfD fliegt so hoch wie nie – und Merz bekommt ein Ultimatum gestellt Hugo Müller-Vogg • 22 Std. • 3 Minuten Lesezeit „Opposition ist Mist“, hatte SPD-Urgestein Franz Müntefering einst geklagt. Bei der AfD dürfte man das anders sehen: Der Rechtsaußen-Partei bekommt die Opposition bestens. Ihre Umfragewerte steigen und steigen. Gut vier Wochen nach der Bundestagswahl ist die AfD so stark wie noch nie: 23,5 Prozent bei INSA, 23 Prozent bei Forsa, nochmals mehr als das Rekordergebnis von 20,8 Prozent am 23. Februar. AfD: Der Abstand zur CDU/CSU wird immer geringer Auf so viel Zustimmung stießen Weidel, Höcke und Co. noch nie. Was aus Sicht der in Teilen rechtsextremen Partei noch wichtiger ist: Der Abstand zur CDU/CSU wird immer geringer. Aktuell liegt die Union mit 26 Prozent bei Forsa und 27 Prozent bei INSA nur noch 3 beziehungsweise 3,5 Prozentpunkte vor der teils konservativen, teils reaktionären Konkurrenz. Bei der Bundestagswahl hatte die Union noch einen Vorsprung von knapp 8 Punkten. Kanzlerkandidat Friedrich Merz und die Union bekommen offensichtlich vom Wähler die Quittung dafür, dass sie eines ihrer zentralen Wahlversprechen - das Festhalten an der Schuldenbremse - gebrochen haben. Zumal das ganz schnell passierte, noch ehe das endgültige Wahlergebnis feststand. Union und die Schuldenbremse: Glaubwürdige Politik sieht anders aus Ob die meisten Wähler so genau wissen, wie die Schuldenbremse funktioniert, ist fraglich. Wer sich aber nur ein wenig für Politik interessiert, hat mitbekommen, dass die Union hier nach dem Prinzip „heute so und morgen so“ agiert. Glaubwürdige Politik sieht anders aus. Das lässt sich auch nicht mit der irrationalen Politik Donald Trumps begründen. Dessen Wahlsieg stand schon am 6. November fest. Die Zugewinne der AfD dürften in noch größerem Maß auf die Nachrichten von den Koalitionsverhandlungen zurückgehen. Nach allem, was nach außen dringt, wird Merz die versprochenen „faktischen Grenzschließungen“ schon am ersten Tag seiner Kanzlerschaft nicht umsetzen können. Als Merz solche Ankündigungen machte, wusste er bereits, dass der potentielle Koalitionspartner SPD hier nicht so einfach mitmachen wird. Er wäre also gut beraten gewesen, keine unrealistischen Ansagen zu machen. Tatsächlich scheinen die Sozialdemokraten noch immer zu meinen, unsere Nachbarstaaten würden plötzlich ihre Politik ändern, also Migranten nicht mehr einfach nach Deutschland durchwinken. Dass die SPD die AfD stärkt, scheint den Genossen gleichgültig zu sein Wegen ihrer Migrationspolitik hat die SPD massiv Wähler an die AfD verloren. Aber das scheint ihre Ideologen nicht zur Besinnung kommen zu lassen. Hinzu kommt, dass sie Merz auf diesem Feld keinen Erfolg gönnen wollen. Dass sie damit indirekt die AfD stärken, scheint diesen Genossen gleichgültig zu sein. Merz und die CDU/CSU haben trotz des Versagens der Ampel nur ein mittelmäßiges Wahlergebnis erzielt. Da wirkte sich zweifellos die Erblast der Merkelschen Flüchtlingspolitik aus. Die CDU/CSU kann bei diesem Thema versprechen, was sie will. Die nach ganz rechts abgewanderten Wähler wollen Taten sehen. Folglich muss Merz nach seiner Abkehr von einer soliden Haushaltspolitik in der Migrationspolitik unbedingt liefern, also seine Glaubwürdigkeit beweisen. Dazu braucht er einen entsprechenden Koalitionsvertrag. Falls die SPD sich da nicht bewegt, wäre ein uninspiriertes „Weiter so“ vorprogrammiert und die Regierung rasch am Ende. Nichts ist erfolgversprechender als eine neue, glaubwürdige Migrationspolitik Schwarz-Rot muss zunächst realistische Perspektiven bieten für eine deutliche Reduzierung der Zuwanderung und eine ebenso deutliche Zunahme der Abschiebungen. Ohne solche Vereinbarungen wäre seine Migrationspolitik ein Konjunkturprogramm für die AfD. Aber was immer im Koalitionsvertrag stehen wird: Ohne konkrete Erfolge auf diesem Gebiet werden die neue Regierung und die sie tragenden Parteien verloren gegangenes Vertrauen in die Politik nicht zurückgewinnen. Nichts ist erfolgversprechender als eine neue, glaubwürdige Migrationspolitik. Umfragen kurz nach einer Wahl darf man nicht überschätzen. Meistens schneiden die Wahlsieger dabei noch besser ab als an der Urne. Merz und ebenso Lars Klingbeil, der starke Mann der SPD, muss aber zu denken geben, dass sie heute noch schlechter dastehen als am Wahltag. Ein Ultimatum an Friedrich Merz Die neuen Zustimmungsrekorde für die AfD fallen nicht vom Himmel. Sie basieren auf dem weit verbreiteten Unverständnis vieler Menschen über das migrationspolitische Versagen von Union, SPD und Grünen. Sie basieren zudem auf der sehr unbefriedigenden wirtschaftlichen Lage und den daraus resultierenden Zukunftsängsten. All die schönen Reden von der Gemeinsamkeit der Demokraten klingen hohl, wenn Union und SPD nicht die Probleme lösen, die den Menschen am meisten auf den Nägeln brennen. 23,5 oder 23,0 Prozent für die AfD sind nur eine Momentaufnahme. Aber der sich verkleinernde Abstand zur CDU/CSU gleicht einer gelben Karte, einer letzten Warnung, ja einem Ultimatum an Friedrich Merz: „It’s the reality, stupid!“