Thursday, February 20, 2025

Frieden in Ukraine? Das sind die Männer, die für Trump mit Russland verhandeln

Frankfurter Allgemeine Zeitung Frieden in Ukraine? Das sind die Männer, die für Trump mit Russland verhandeln Sofia Dreisbach • 2 Std. • 5 Minuten Lesezeit Es reichte nicht, dass Donald Trump den ukrainischen Präsidenten einen „Diktator“ schimpfte und ihn als „bescheiden erfolgreichen Komiker“ verunglimpfte, weil der gewagt hatte, Trumps Aussagen zu kritisieren. Vizepräsident J. D. Vance schickte auch noch einen Tadel hinterher. Wolodymyr Selenskyj werde schlecht beraten, sagte er in einem Interview mit einer rechten Nachrichtenwebsite. Der Ukrainer stelle sich Trump öffentlich entgegen, aber das sei „kein guter Weg“, mit dem amerikanischen Präsidenten umzugehen. Die Vereinigten Staaten seien „der einzige Grund“, warum die Ukraine noch existiere. Kritik solle also besser in „privaten Gesprächen“ mit amerikanischen Diplomaten geäußert werden. Dass Trumps Verhandlerteam vor der verbalen Eskalation zwischen Kiew und Washington in dieser Woche Gespräche mit Russland aufgenommen hatte, zu denen die Ukraine nicht eingeladen war, unterschlug Vance. Er schob noch hinterher, Trump habe trotz allem „unglaublich viel Mitgefühl und Bewunderung“ für die Ukrainer. Er habe sich ein Ende des Krieges zum Ziel gesetzt, „also wissen wir, das muss jetzt geschehen“. Trumps ausgewählte Architekten für diesen geplanten Frieden sind der Außenminister Marco Rubio, der Nationale Sicherheitsberater Michael Waltz und der politische Neuling Steve Witkoff, die sich am Dienstag am Verhandlungstisch in Riad aufreihten. Dass der New Yorker Immobilieninvestor Witkoff dieser Tage im Zentrum der geopolitischen Bemühungen Trumps steht, ist einem Schinken-Käse-Sandwich zu verdanken. Die beiden Männer lernten sich 1986 im Zuge eines Geschäfts kennen. Witkoff, so erzählte er es einmal, soll dem aufstrebenden Immobilienunternehmer Trump in einem New Yorker Deli damals ein Sandwich ausgegeben haben, weil der kein Bargeld bei sich trug. Sieben, acht Jahre später seien sie sich wieder begegnet, und Trump habe sich an den „Sandwich-Vorfall“ erinnert – der Beginn einer jahrzehntelangen Freundschaft. Der Milliardär Witkoff gilt nicht als Hitzkopf Nun hat Witkoff als Sondergesandter für den Nahen Osten die Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Israel und der Hamas maßgeblich vermittelt und ist auch Teil der Ukraine-Verhandlungen. Der Präsident, so heißt es, hält den 67 Jahre alten Mann für einen der „besten Verhandler der Welt“. Witkoff ähnelt Trump in vielem. Beide Männer haben sich mit Immobiliengeschäften in New York einen Namen gemacht, ihre Kinder in die eigenen Unternehmen geholt, sind schließlich von der Ostküste in den Süden Floridas gezogen und golfen leidenschaftlich gern. Während des zweiten Attentatsversuchs gegen Trump auf dem Golfplatz in West Palm Beach im vergangenen Jahr stand Witkoff neben ihm. Doch der Milliardär gilt im Gegensatz zu Trump nicht als Hitzkopf. Aus dem Weißen Haus heißt es hinter vorgehaltener Hand, Witkoff habe alle guten Eigenschaften Trumps, doch er fliege „nicht zu nah an der Sonne“. Er lege keinen Wert darauf, im Rampenlicht zu stehen. Israelische Verhandlungspartner beschrieben ihn als die treibende Kraft: energisch und klar, höflich im Ton und unkompliziert. Ganz der Junge aus der Bronx, als den ihn sein Sohn beim Parteitag der Republikaner im vergangenen Sommer beschrieben hatte. Einmal soll er in Doha in Jogginghose und Turnschuhen zum Treffen erschienen sein. Trump liebt das Unkonventionelle, und er liebt Loyalität. Beides dürften Gründe für den politischen Aufstieg Witkoffs sein, der beinahe als Familienmitglied gilt. Anders als viele andere blieb Witkoff nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 an Trumps Seite. Er sagte im Betrugsprozess in New York für ihn aus und saß bei der Verurteilung im Strafprozess wegen Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin im Gerichtssaal in New York. 2022 feierte Witkoffs Sohn Zach seine Hochzeit in Mar-a-Lago. Im Wahlkampf 2024 trieb Witkoff für Trump Dutzende Millionen Dollar von jüdischen Spendern ein. Auch wenn es um die Ukraine geht, verweist der Neuling in der Politik immer wieder auf den Willen des Präsidenten. Es sei Trumps „Auftrag“, den Krieg zu beenden, sagte er jüngst in einem Interview. Die Kritik an den Gesprächen allein mit Russland wischte er beiseite: Es gehe nicht darum, irgendwen auszuschließen. Schließlich habe es jüngst ja auch ranghohen Austausch zwischen Washington und Kiew gegeben. Witkoff ist kein ausgewiesener Ukraine- oder Russlandkenner. Schon nach den Gesprächen im Nahen Osten hieß es von israelischer und arabischer Seite, er habe in Bezug auf die Geschichte und die Spannungen in der Region noch Lücken. Rubios Zickzackkurs zwischen Kritik und Unterstützung Dem gegenüber stehen im Verhandlerteam mit Außenminister Rubio und Sicherheitsberater Waltz zwei erfahrene Politiker und (zumindest frühere) außenpolitische Falken, die erst in den vergangenen Jahren Trumps Ukrainekurs eingeschlagen haben. Rubio, der vor seiner Ernennung 14 Jahre für Florida im Senat saß, hat einen besonders weiten Weg zum Trump-Unterstützer hinter sich. Im Vorwahlkampf 2016 noch bezeichnete er ihn als „Betrüger“, Trump wiederum verhöhnte den Sohn kubanischer Eltern als „kleinen Marco“. Rubio zog seine Kandidatur zurück, nachdem er Trump in seinem Heimatbundesstaat Florida unterlegen war, und verfolgte die nächsten Jahre einen Zickzackkurs zwischen öffentlicher Kritik und der Unterstützung Trumps. Als der Dreiundfünfzigjährige im vergangenen November von Trump als Außenminister nominiert wurde, atmeten selbst die Demokraten auf. Rubio wurde im Senat einstimmig für den Posten bestätigt. Doch auch wenn er nicht aus dem America-First-Flügel kommt, hat er Trump in den vergangenen Jahren mehrfach seine Treue bewiesen. Aus Europa wird Rubio deshalb als nicht „prinzipientreu“ angesehen. Nach Russlands Invasion 2022 stimmte der Senator zunächst für die amerikanischen Ukrainehilfen, nach Trumps Präsidentschaftskandidatur 2024 dann dagegen. Er sagte damals zwar, er sei „kein Fan“ des russischen Präsidenten, verwies jedoch in Anlehnung an Trumps Argumentation auf das dringlichere Migrationsproblem an der eigenen Südgrenze. In Riad sagte Rubio nun, allein Trump könne Russland und die Ukraine zu Gesprächen bringen. Der dürfte den Verhandlern Rubio und Waltz, der seine Haltung zu den Ukrainehilfen auch erst im vergangenen Jahr geändert hatte, seinen engen Freund Witkoff nicht zufällig an die Seite gestellt haben. Witkoff gilt zwar als gemäßigter Verhandler, soll aber auch scharf werden können. Etwa für den Fall, dass Rubio und Waltz sich an frühere außenpolitische Grundsätze erinnern und Amerikas Verbündete vor dem Schlimmsten schützen wollen. Trump hat klargemacht, dass er den Frieden um jeden Preis will. Und wie Vance es jüngst formulierte: Diesen Wunsch sollten Selenskyj und die europäischen Partner besser ernst nehmen. Rubio äußerte sich in Riad noch vorsichtig: Man befinde sich auf einer „langen und schwierigen Reise“, auch wenn der erste Schritt gemacht sei. Es kam Waltz zu, nach den Gesprächen mit Russland die „Diskussionen um Gebiete“ hervorzuheben, die für ein dauerhaftes Ende des Krieges nötig seien. Angekündigt hatte sie Trumps Verteidigungsminister Pete Hegseth, der mit seinen Worten die europäischen Verbündeten in Unruhe versetzte, noch bevor Vance seinen Auftritt hatte. Seither hat sich im Krieg der Worte das Kräfteverhältnis zugunsten Moskaus verschoben. Doch auch Waltz, der vor allem als China-Falke gilt, stimmte bis zum Frühjahr vergangenen Jahres im Kongress noch für die Unterstützung Kiews. Er drängte die Biden-Regierung gar dazu, dem Land wirkungsvollere Waffen zu liefern. Später sprach er im Trump-Jargon vom „Blankoscheck“, den man Kiew nicht einfach überreichen dürfe. In Riad dann legte er noch einmal nach: Trump finde einen „endlosen Krieg“ inakzeptabel, „der zu einem Fleischwolf für Menschen auf beiden Seiten wurde“.