Thursday, April 7, 2022

CDU-General Czaja: Gerhard Schröders Büro darf nicht weiter finanziert werden

CDU-General Czaja: Gerhard Schröders Büro darf nicht weiter finanziert werden Berliner Zeitung Christine Dankbar - Gestern um 05:59 Mario Czaja lädt zum Interview in eines von mehreren seiner Bürgerbüros in Marzahn. Es befindet sich direkt hinter dem Tal-Einkaufscenter – mit Blick auf Plattenbau und Grünfläche. Doch auch im Wahlkreis geht es zunächst um Außenpolitik. Herr Czaja, am Wochenende sind die Kriegsverbrechen von Butscha bekannt geworden. Der Bundeskanzler will die Sanktionen gegenüber Russland verschärfen, aber kein sofortiges Energie-Embargo. Wie wird das jetzt bei Ihnen in der Partei thematisiert? Die Bilder aus Butscha machen mich fassungslos. Die Zivilbevölkerung wurde angegriffen und misshandelt, es wurden Frauen, Kinder und Männer kaltblütig ermordet. Es ist ganz offensichtlich, dass die Zivilbevölkerung vernichtet werden sollte. Das schockiert uns unendlich. Diese Kriegsverbrechen müssen international verfolgt werden. In dieser schwierigen Zeit geht es um eine klare Haltung und um Stabilität. Dazu will und wird die Union beitragen. Wir wollen uns nicht überbieten mit Forderungen gegenüber der Bundesregierung, sondern deutlich machen, dass man in diesen Fragen möglichst zusammensteht – auch zwischen Regierung und Opposition. Darf man das so verstehen, dass die CDU beim Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und der vom Kanzler angestrebten Grundgesetzänderung zustimmen wird? Wir sind bereit, diesen Weg zu gehen – unter den Voraussetzungen, die Friedrich Merz im Bundestag deutlich beschrieben hat. Dazu gehört, dass die 100 Milliarden in die Auf- und Ausrüstung der Bundeswehr gehen. Dazu gehört, dass das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erfüllt wird, also zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgegeben wird und nicht mit dem Sondervermögen verrechnet werden. Dazu gehört, dass wir auch bei der Ausgestaltung und Umsetzung dieses 100 Milliarden Pakets ein Mitspracherecht haben. Und dazu gehört, dass wir die bürokratischen Abläufe im Beschaffungswesen der Bundeswehr verbessern müssen. Denn schon jetzt ist es so, dass Ausschreibungen und Vergaben bei der Bundeswehr zu lange dauern. Die kleine Finte, die Friedrich Merz zur Abstimmung über das Sondervermögen angekündigt hat, passt da aber nicht dazu. Er hat ja angekündigt, dass nur so viele Unionsabgeordnete mit Ja stimmen werden, die auch für die Zweidrittelmehrheit nötig sind. Er will so dafür sorgen, dass die Ampel geschlossen mit Ja stimmt. Steht der Plan noch im Raum? Friedrich Merz hat zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung eine Kanzlermehrheit im Bundestag für ihre Vorhaben und damit auch für die 100 Milliarden Euro Sondervermögen haben muss. Das muss der Bundeskanzler sicherstellen. Die CDU/CSU-Fraktion ist nicht der Lückenfüller für eine nicht vorhandene Regierungsmehrheit. Für die Zweidrittelmehrheit tragen wir unter den genannten Rahmenbedingungen dann bei. Gibt es denn schon eine schriftliche Grundlage wie dieser Grundgesetzartikel aussieht? Die Bundesregierung hat uns einen Zeitplan übermittelt und es hat ein erstes Gespräch zwischen unserer Fraktion und dem Bundesfinanzminister stattgefunden. In diesen Verhandlungen werden diese Fragen geklärt. Mein Eindruck ist allerdings, dass es unter den Ampelfraktionen dazu noch Abstimmungsbedarf gibt. Wir wollen genau wissen, wie das Geld in die Bundeswehr investiert wird. Das heißt, im Grundgesetz werden demnächst Bestelllisten für die Bundeswehr aufgeführt? Nein, natürlich nicht. Aber es muss dafür zeitgleich verbindliche und nachvollziehbare gesetzliche Regeln geben. Im Grundgesetz muss geregelt werden, wie die Verwendung und Umsetzung dieses 100-Milliarden-Pakets erfolgt. Wann rechnen Sie mit Ergebnissen? Das Sondervermögen soll in der Sitzungswoche Ende April gemeinsam mit dem Haushalt im Bundestag beraten werden. Verstehen Sie es, wenn Deutschland vorgeworfen wird, es rede nur über Wirtschaft, während in der Ukraine Menschenrechtsverletzungen begangen werden? Wir alle befinden uns in einem furchtbaren moralischen Dilemma. Und ich kann verstehen, dass jeder Weg gesucht wird, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Deswegen muss die Bundesregierung schnell und mit den europäischen Partnern abgestimmt handeln, um die Sanktionen zu verschärfen. Auf EU-Ebene wurden jetzt weitere Maßnahmen beschlossen, wie z.B. ein Embargo gegen Kohle aus Russland, die Sperrung von EU-Häfen für russische Schiffe und die Ausweisung russischer Diplomaten. Das unterstützen wir. Nur zusammen werden wir die nötige Schlagkraft entwickeln. Unser gemeinsames Ziel muss es bleiben, so schnell wie möglich unabhängig von russischem Öl und Gas zu werden. Gleichzeitig gilt es abzuwägen: Unsere Strafmaßnahmen müssen Putin schwächen, sie dürfen nicht zum Bumerang werden und vor allem die Bürgerinnen und Bürger der EU treffen. Wirtschaftskraft ist kein Wert für sich. Wenn sie aber völlig verloren geht, riskieren wir soziale Konflikte in unserem Land, die dann auch gerade zulasten der ökonomisch Schwächeren gehen. Haben Sie, Ihre Fraktion oder Ihre Parteien regelmäßigen Kontakt zu Andrij Melnyk, dem ukrainischen Botschafter hier in Deutschland? Ja, wir stehen im regelmäßigen Kontakt. Teilen Sie seine Kritik an der Bundesregierung und dass sie mehr tun müsse als bisher? Ich verstehe den ukrainischen Botschafter. Ich habe mit ihm auch einige Male gesprochen. Er ist in tiefer Sorge um sein Land, um die Verteidigung der Demokratie und der Freiheit in der Ukraine und er sieht, dass hier bei uns vieles zu bürokratisch abläuft. Er erwartet von der Bundesregierung mehr Engagement und wünscht, dass die Abstimmung mit ihr aber auch zwischen den Bundesministern sich verbessern. Ich würde mir auch wünschen, dass das Kommunikationschaos der Verteidigungsministerin um mögliche Waffenlieferungen ein Ende findet. Das schadet dem Ansehen der Bundesrepublik. Sowohl in der Ukraine als auch bei unseren Partnern und Verbündeten. Es gibt vor allem viel Kritik an der SPD und in den letzten Tagen namentlich an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der als Außenminister immer wieder die enge Kommunikation mit Putin gesucht habe. Der Bundespräsident hat seine eigene Verantwortung eingeräumt. Gerade Personen, die auch heute noch politische Verantwortung tragen, müssen dieser gerecht werden. Ich habe davor großen Respekt. Wahr ist aber auch: Wir alle haben diesen Angriff auf die gesamte Ukraine nicht für möglich gehalten. Gegenseitiges Fingerzeigen bringt uns in der jetzigen Lage auch nicht weiter. Viele der damals und heute handelnden Personen haben gesagt, dass sie Russland völlig falsch eingeschätzt haben und aus heutiger Perspektive Dinge anders machen würden. Diese Verantwortung haben führende Politiker aller Parteien in Europa. Zu diesen führenden Politikerinnen und Politikern aller Parteien gehört ja auch die Alt-Kanzlerin Angela Merkel. Gibt es denn in der aktuellen Krise Kontakt zu ihr? Gibt es Beratungen? Sie hat die Außenpolitik ja auch wesentlich mitbestimmt. Ich hatte dazu mit Angela Merkel keinen Kontakt. Klar ist jedoch: Es wäre vermessen zu unterstellen, dass Angela Merkel Schuld an diesem Krieg hat. Weder die ehemalige Bundeskanzlerin noch der ehemalige Außenminister und heutige Bundespräsident haben den russischen Überfall provoziert. Es ist Putins Krieg gegen die Ukraine und der seiner Verbrecherclique im Kreml. Aber ich muss in diesem Zusammenhang schon auch noch mal einen Punkt deutlich machen. Welchen? Ich hätte schon erwartet, dass ein anderer Bundeskanzler, nämlich Gerhard Schröder, sich klar von seinen Russland-Beziehungen distanziert und nicht weiter persönlich von russischem Geld lebt. Wir werden in den Haushaltsberatungen deutlich machen, dass die Infrastruktur des Bundeskanzlers nicht weiter staatlich finanziert wird. Sein Büro und sein Sekretariat, dürfen nicht mehr aus den Mitteln des deutschen Haushalts finanziert werden. Rechnen Sie mit einer Mehrheit für diesen Vorstoß? Ich höre ja aus meinem Nachbarwahlkreis in Berlin, aus Treptow-Köpenick, dass die SPD dort den Ausschluss von Gerhard Schröder aus der SPD fordert. Andere tun das auch. Ich höre von vielen Abgeordneten, auch von Sozialdemokraten, dass sie ausgesprochen irritiert und oftmals schockiert über das sehr fragwürdige Verhalten des früheren Bundeskanzlers sind. Kommen wir zu Ihrer Partei. Die SPD hat seit der Saarlandwahl vier Ministerpräsidentinnen, die CDU keine. Und auch sonst nicht gerade so super viele Frauen, schon gar nicht in Spitzenpositionen. Haben Sie deshalb jetzt noch mal draufgelegt und die Geschlechter-Parität für Parteiämter gefordert? Wir haben zu wenige Frauen, sowohl in Spitzenpositionen als auch an der Parteibasis. Das ist ein großes Problem, das wollen und müssen wir ändern. Die CDU hat in einer Struktur- und Satzungskommission bereits in der Vergangenheit einen Weg beschrieben, wie wir schrittweise zu einer paritätischen Besetzung von Positionen für Mandats- und Funktionsträger kommen. Dieser Weg muss auf einem Parteitag beschlossen werden. Und das haben wir im September in Hannover vor. Der neue Bundesvorstand unter der Führung von Friedrich Merz hat deutlich gesagt, dass er hinter diese Vorschläge nicht zurückfällt und dass wir diese Vorschläge auf dem Parteitag einbringen werden, um sie zur Abstimmung zu stellen. Es ist also ein lange gehegtes Vorhaben? Ja, ein Mehr an Frauen in Entscheidungspositionen bringt bessere Ergebnisse mit sich. Das hat die Zeit, in der wir eine Bundeskanzlerin, eine Verteidigungsministerin und eine Kommissionspräsidentin stellen durften, gezeigt. Wir wollen einladender sein für Frauen, einladender und wertschätzender und klar vermitteln, dass bei uns Frauen nicht nur herzlich willkommen sind, sondern in politischer Verantwortung gebraucht werden. Paritätische Entscheidungen bringen die Partei und das Land nach vorne. Aber bei Ihnen im Führungstrio ist Christina Stumpp jetzt auch nicht besonders präsent. Für sie ist ja extra die Funktion der stellvertretenden Generalsekretärin erfunden worden. Und für Friedrich Merz war die Quote erklärtermaßen immer nur die zweitbeste Idee. Christina Stumpp ist eng in das Führungsteam eingebunden. Sie wird in Kürze die Leitung eines neu geschaffenen Kommunalbüros übernehmen, das die Vernetzung mit der kommunalen Familie vorantreiben wird. Christina Stumpp wird an dieser Stelle einen für die strukturelle Neuaufstellung der Partei wichtigen und sichtbaren Beitrag leisten. Die Frage war ja immer: Gelingt es auch anders als mit einer Quote Frauen besser einzubinden? Darüber wird schon lange gesprochen, und es gibt da auch unterschiedliche Sichtweisen. Aber im Ergebnis muss man feststellen, dass wir ohne eine Quotierung, die wir ja bislang so noch nicht haben, nicht zu einer besseren und gerechteren Verteilung von Frauen und Männern kommen. Sie darf nicht der einzige Schritt sein, aber sie ist ein wichtiger.