Sunday, November 5, 2023

Heikle Debatte - Wegen Bürgergeld? Nur 19 Prozent der geflüchteten Ukrainer arbeiten

FOCUS online Heikle Debatte - Wegen Bürgergeld? Nur 19 Prozent der geflüchteten Ukrainer arbeiten Artikel von FOCUS Online • 2 Std. Ukrainische Flüchtlinge kommen in Berlin an Die Diskussion um das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge spitzt sich zu. Während es einige Politiker vor Ort als Hemmfaktor sehen, halten Experten die finanzielle Unterstützung für notwendig und gerecht. Das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge in Deutschland steht im Zentrum einer hitzigen Debatte. Einerseits regt sich Kritik daran, dass es ukrainische Asylbewerber davon abhalten könnte, eine Beschäftigung zu suchen. Gleichzeitig betonen Experten die Wichtigkeit dieser finanziellen Hilfe und weisen auf die besondere Herausforderung der flüchtlingsbezogenen Arbeitsmarktintegration hin. Nur 19 Prozent der erwerbsfähigen Ukrainer in Arbeit in Deutschland Trotz der hohen Ausbildung und Kenntnisse der ukrainischen Flüchtlinge, haben laut dem „Spiegel“ nur etwa 19 Prozent der erwerbsfähigen Ukrainer in Deutschland einen sozialversicherungspflichtigen Job. Hingegen liege die Quote in anderen europäischen Ländern, wie Polen und den Niederlanden, bei etwa 70 Prozent. Etwa 700.000 Ukrainer in Deutschland erhalten derzeit Bürgergeld. Landräte: Bürgergeld hemmt Arbeitsbereitschaft Die Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, Bürgergeld zu zahlen, kommt unter anderem von SPD-Landrat Matthias Jendricke aus dem thüringischen Nordhausen, der dem „Spiegel“ sagte: „Damit hat man es ihnen zu nett gemacht. Dann ist einfach das Sofa gemütlicher als der Deutschkurs.“ CDU-Landrat Joachim Walter aus dem Kreis Tübingen argumentierte ähnlich und machte die „hohen Zahlungen“ für die abnehmende Arbeitsbereitschaft der Flüchtlinge verantwortlich. Der „Spiegel“ berichtet darüber hinaus, dass auch prominente CDU-Politiker wie Thorsten Frei und Carsten Linnemann die aktuelle Situation kritisch sehen und neue Überlegungen zur Ausgestaltung der Hilfen fordern. Finanzminister Christian Lindner (FDP) wies auf die finanziellen Auswirkungen hin, die die Zahlung von Bürgergeld an ukrainische Flüchtlinge mit sich bringt und schätzte, dass diese Kosten im Haushalt des nächsten Jahres auf 5,5 bis 6 Milliarden Euro ansteigen könnten. Andererseits argumentieren einige, darunter Arbeitsmarktexperte Herbert Brücker, dass es keinen Zusammenhang zwischen Bürgergeld und Arbeitsquote gibt. Brücker führt im „Spiegel“ die niedrige Beschäftigungsrate unter anderem auf die hohe Anzahl von Frauen unter den Geflüchteten, die Wehrpflicht der Männer und die psychische Belastung durch den Krieg zurück. Heil will mehr Geflüchtete in Arbeit bringen Unterdessen will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hunderttausende Geflüchtete mit Bleibeperspektive schneller in Arbeit bringen. Schwerpunktmäßig sollen dabei geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, aber auch Menschen aus anderen Ländern schneller in Jobs vermittelt werden, kündigte Heil bereits im Oktober in Berlin an. Heil sagte, über 100.000 Geflüchtete aus der Ukraine hätten in letzter Zeit einen Integrationskurs für den Spracherwerb abgeschlossen. „100.000 weitere schließen den Kurs in den nächsten Monaten ab.“ Hinzu kämen etwa 200.000 Menschen aus anderen Herkunftsländern, für die das ebenso gelte. „Wir reden also über ein Potenzial für unseren Arbeitsmarkt von rund 400.000 Menschen, so Heil. “Diese Menschen wollen und werden wir schneller von der Schulbank der Integrationskurse an den Arbeitsplatz bringen." Um die Integration in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen, sollen die Geflüchteten regelmäßig von den Jobcentern eingeladen werden. Die Kontaktdichte solle gezielt erhöht werden. In den individuellen Kooperationsplänen sollen auch Schritte wie Weiterqualifizierung neben einer Beschäftigung oder weiterer Spracherwerb festgelegt werden. Wer nicht kooperiert, soll Kürzungen beim Bürgergeld fürchten müssen. Bürgergeld steigt 2024 Für das Jahr 2024 wird indes eine signifikante Erhöhung des Bürgergelds in Deutschland erwartet. Das Bürgergeld soll um 61 Euro von 502 Euro auf 563 Euro für alleinstehende Erwachsene steigen​. Diese Erhöhung, die ab Januar wirksam wird, entspricht einem Anstieg von etwa zwölf Prozent. Die Erhöhung des Bürgergelds ist eine Reaktion auf die hohe Inflation, die nun erstmals bei der Berechnung des Bürgergelds berücksichtigt wird​. Durch diese Maßnahme soll die finanzielle Unterstützung für Bedürftige an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden.