Monday, October 2, 2023

Fast zwei Drittel wollen weniger Zuwanderung – Faeser stürzt ab

WELT Fast zwei Drittel wollen weniger Zuwanderung – Faeser stürzt ab Artikel von Sabine Menkens • 4 Tag(e) In der Migrationskrise überwiegen für eine Mehrheit die Nachteile der Zuwanderung. Und nur eine kleine Minderheit ist gewillt, genauso viele Asylbewerber wie bislang oder sogar mehr aufzunehmen. Mit Innenministerin Faeser (SPD) sind weniger Bürger zufrieden als mit AfD-Chefin Weidel. Der nahezu ungebremste Zuzug von Migranten und die zunehmende Überforderung der Kommunen bei Unterbringung, Integration sowie Beschulung haben das Migrationsthema mit voller Wucht zurück auf die politische Agenda gebracht – und setzen die Regierung unter gehörigen Handlungsdruck. 64 Prozent der Bevölkerung sehen in der Zuwanderung allgemein inzwischen „eher Nachteile“, das sind zehn Prozentpunkte mehr als noch im Mai. Nur für ein gutes Viertel überwiegen momentan noch die Vorteile. Das ergibt der Deutschlandtrend, eine repräsentative Erhebung von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT. Nur fünf Prozent der Wahlberechtigten sind derzeit bereit, noch mehr Migranten aufzunehmen, zwölf Prozent wollen es bei der bisherigen Aufnahmepraxis belassen. 64 Prozent sprechen sich dafür aus, weniger Migranten aufzunehmen – ein Plus von zwölf Prozentpunkten gegenüber dem Mai. Bis auf die Anhänger der Grünen (29 Prozent) sprechen sich inzwischen Unterstützer jeder Partei mit relativer oder absoluter Mehrheit für eine stärkere Beschränkung der Zuwanderung aus. Bei den Anhängern der SPD sind es 44 Prozent, bei denen der FDP 66 Prozent, bei denen der CDU/CSU 68 Prozent und bei den AfD-Anhängern 92 Prozent. Unter allen Wahlberechtigten plädieren 82 Prozent für stärkere Grenzkontrollen, 77 Prozent für Migrationsabkommen mit afrikanischen Staaten, 71 Prozent für die Einführung einer Migrationsobergrenze und 69 Prozent für die Einstufung der Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als sogenannte sichere Herkunftsländer, was die Grünen bislang ablehnen. Bis auf die Forderung nach einer Obergrenze reicht die überwiegende Zustimmung zu den genannten Maßnahmen bis in die Gruppe der Grünen-Anhänger. Insgesamt also ein klares Votum für ein härteres Durchgreifen des Staates zur Begrenzung der Zuwanderung. Grund für die Stimmung der Bevölkerung sind vor allem die Folgeprobleme der ungesteuerten Zuwanderung. 73 Prozent der Befragten sehen Schwierigkeiten bei der Unterbringung und Verteilung der Migranten, jeweils 78 Prozent bei deren Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt und 80 Prozent finden, dass die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ gelingt. Selbst bei den eher migrationsfreundlichen Grünen-Anhängern sind die positiven Einschätzungen in diesen Punkten deutlich in der Minderheit. Zur Lösung der Migrationsproblematik setzen die Bundesbürger mit einer Mehrheit von 64 Prozent zwar nach wie vor auf eine europäische Lösung. Allerdings schwindet die Hoffnung darauf. 70 Prozent halten nämlich eine „europäische Lösung“ für „nicht zeitnah realisierbar“. Vor allem die Anhänger der AfD wollen daher eine „nationale Lösung“ (61 Prozent). Und auch bei den Anhängern von CDU (28 Prozent) und FDP (26 Prozent) gibt es den spürbaren Wunsch nach einem nationalen Alleingang. Mehr als die Hälfte unzufrieden mit der Demokratie Das Vorgehen der Bundesregierung in der derzeitigen Krisenlage hat Folgen: Nur 19 Prozent der Befragten sind noch „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit der Arbeit der Regierung, 39 Prozent sind „weniger zufrieden“, 40 Prozent „gar nicht zufrieden“. Am unzufriedensten sind naturgemäß die Anhänger der Oppositionsparteien AfD (98 Prozent) und CDU/CSU (85 Prozent). Aber auch bei den Anhängern der FDP (77 Prozent) überwiegt die Skepsis. Bei den SPD-Wählern halten sich Zustimmung und Ablehnung annähernd die Waage. Treu zur Fahne stehen nur die Grünen-Anhänger, von denen immerhin noch 57 Prozent zufrieden mit der Arbeit der Ampel-Regierung sind. Und auch das Vertrauen in die Demokratie ist im zurückliegenden Jahr insgesamt gesunken. Nur noch 44 Prozent sind „mit der Art und Weise, wie die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert“, „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Das ist ein Minus von sieben Prozentpunkten im Vergleich zum Oktober vergangenen Jahres. 55 Prozent sind hingegen „weniger“ bis „gar nicht zufrieden“, also acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Diese Werte haben sich in beiden Teilen Deutschlands verschlechtert, in Ostdeutschland ist die Unzufriedenheit mit 66 Prozent jedoch noch höher als im Westen mit 52 Prozent. Bei der Politikerzufriedenheit verzeichnet die für die Migrationspolitik zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die größten Einbußen. Sie sackt im Vergleich zum Vormonat um fünf Prozentpunkte auf nur noch 15 Prozent Zustimmung ab und liegt damit noch hinter AfD-Chefin Alice Weidel, die auf 19 Prozent kommt. Schlechtere Werte erzielten nur FDP-Verkehrsminister Volker Wissing (13 Prozent) und Linke-Chefin Janine Wissler (neun Prozent). An der Spitze der Beliebtheitsskala steht nach wie vor Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, 51 Prozent), es folgen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne, 35 Prozent) und Finanzminister Christian Lindner (FDP, 31 Prozent). CDU-Chef Friedrich Merz konnte sich um vier Prozentpunkte verbessern und liegt nun mit 27 Prozent Zustimmung gleichauf mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der zwei Punkte zulegte. Hierzu sei angemerkt, dass die neue Debatte um die Merz-Äußerungen zu Krankenkassenleistungen für abgelehnte Asylbewerber in der Erhebung noch nicht berücksichtigt werden konnte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sackt erneut drei Punkte ab und liegt bei nur noch 24 Prozent Zustimmung – der zweitniedrigste Wert seit Beginn seiner Amtszeit. Nahezu unveränderte Ergebnisse gegenüber dem Vormonat gab es bei der Sonntagsfrage. Wenn jetzt gewählt würde, läge die CDU/CSU mit 28 Prozent vorn, gefolgt von der AfD (22 Prozent) und den Sozialdemokraten (16 Prozent). Die Grünen wären mit 14 Prozent viertstärkste Kraft, die FDP käme auf sechs Prozent. Die Linke würde mit vier Prozent an der Mandatsschwelle scheitern. Bemerkenswert: Die sonstigen Parteien kämen zusammen bereits auf zehn Prozent der Wählerstimmen, darunter die Freien Wähler mit drei Prozent. Zur Methodik: Für den Deutschlandtrend hat Infratest Dimap vom 25. bis 27. September 1302 Wahlberechtigte in 776 Telefon- und 526 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.