Saturday, April 2, 2022

Ukraine-Krieg: 81 Prozent der Russen befürwortet Angriffskrieg

DER SPIEGEL Ukraine-Krieg: 81 Prozent der Russen befürwortet Angriffskrieg Marc Röhlig - Gestern um 14:00 Im Westen wird die Invasion in der Ukraine oft als »Putins Krieg« bezeichnet – dabei steht in Russland eine Mehrheit hinter dem Kreml. Eine unabhängige Umfrage im Land schlüsselt nun auf, wo die wenigen Kriegsgegner zu finden sind. Eine große Mehrheit der Russinnen und Russen unterstützt die Aktionen der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Lewada-Zentrums, dem einzigen unabhängigen Meinungsforschungsinstitut in Russland. Demnach sprachen sich 81 Prozent der Befragten »definitiv« oder »eher« dafür aus, das Vorgehen der russischen Streitkräfte in der Ukraine zu unterstützen. Nur 14 Prozent lehnten eine Unterstützung ab, die übrigen 6 Prozent blieben unentschlossen. Die Unterstützung ist bei der älteren Generation und der Landbevölkerung am größten. Etwas weniger hoch fällt die Zustimmung für die Invasion in Moskau und anderen Großstädten aus. 51 Prozent der Befragten gaben zudem »Stolz« als dominierendes Gefühl in Bezug auf die Invasion an, nur 12 Prozent sprachen von einem »Schock«. Am deutlichsten stellten sich die jungen Russinnen und Russen gegen Angriffskrieg von Kremlchef Wladimir Putin – wenn auch hier die Ablehnenden in der Minderheit bleiben. 20 Prozent der Befragten zwischen 18 und 24 Jahren lehnen den Krieg ab, 71 Prozent stimme ihm zu. In der höchsten Altersgruppe ab 55 Jahren befürworten insgesamt 86 Prozent den Krieg, sagen die Meinungsforscher von Lewada. Großer Glaube an Kreml-Lesart Im Blick auf die Kriegsgründe folgen die meisten Befragten der Lesart des Kremls: So glauben 42 Prozent der Befragten, Russland habe seine »Sonderoperation« gestartet, um die »russischsprachige Bevölkerung« und »Zivilisten« in der Ostukraine zu schützen, 25 Prozent glauben, so solle ein »Angriff auf Russland verhindern werden«. In Russland ist unter Strafe verboten, mit Blick auf die von »Krieg« oder »Invasion« zu sprechen. Der Kreml bezeichnet den völkerrechtswidrigen Angriff als »militärische Operation«. Putin hatte vor seinem Befehl zum Angriff behauptet, die Ukraine gehöre historisch zu Russland. Auch wolle er russischsprachige Menschen in der Ukraine vor der angeblich »faschistischen« Regierung in Kiew beschützen. Beweise für einen behaupteten Genozid an Russen in der Ukraine legte Putin nicht vor. Die wenigen Befragten, die sich in Russland gegen den Krieg stellen, gaben als Begründung mehrheitlich an, durch den Konflikt würden Zivilisten leiden und Menschen sterben. Ein Fünftel der Befragten nannte aus Grund auch, die russischen Streitkräfte dürften sich nicht »in ein anderes Land einmischen«. Meinungsforscher des Lewada-Zentrums hatten in der Vergangenheit bereits betont, wie schwierig es ist, Umfragen zur Ukraine durchzuführen. Schon vor Kriegsbeginn am 24. Februar hätten Menschen es abgelehnt zu sprechen, weil sie Angst hatten oder des Themas einer möglichen militärischen Konfrontation müde seien. Jetzt ist angesichts der verschärften Gesetze davon auszugehen, dass in besondere diejenigen Russinnen und Russen, die gegen den Krieg sind, nicht mehr bereit sind, selbst an anonymen Umfragen teilzunehmen.