Friday, April 8, 2022

Bundesbank: Warum die Bundesbank jetzt mit einem Truck durch Deutschland fährt

SZ.de Bundesbank: Warum die Bundesbank jetzt mit einem Truck durch Deutschland fährt Von Markus Zydra, Frankfurt - Gestern um 10:19 Die Frankfurter Währungshüter genießen zwar ein hohes Ansehen, gelten ansonsten aber als eher unspektakulär und reserviert. Jetzt gehen sie mit einer mobilen Ausstellung auf Roadshow. Warum die Bundesbank jetzt mit einem Truck durch Deutschland fährt Die Bundesbank will hinaus ins Land, und zwar gleich tonnenschwer. An der Frankfurter Hauptwache steht gerade tatsächlich ein fetter zweigeschossiger Truck, er gehört - genau - der Deutschen Bundesbank. Das steht in deutlichen Lettern so drauf. Doch es ist ihnen Ernst damit. Bundesbankvorstand Burkhard Balz spricht von der beginnenden "Roadshow" durch Deutschland. Bis Ende Oktober soll sie dauern und durch 90 Städte und Gemeinden führen. "Wir wollen rein ins Getümmel, auf die Marktplätze der Republik, von Konstanz bis Sylt, von Aachen bis Görlitz", sagte Balz am Donnerstag zum Startschuss der Tour. Der frühere Europapolitiker ist kampagnenerprobt. Er hat gelernt, wie man mit den Menschen redet. Aber jetzt ist er ein Notenbanker, die zwar ansonsten für vieles bekannt sind, nicht aber für Remmidemmi und Humtata. Sehnt sich die in ihrer über 60-jährigen Geschichte meist reserviert auftretende Bundesbank nach mehr Volksnähe? Ja, könnte man sagen. Die deutschen Währungshüter genießen in der Bevölkerung immer noch ein großes Ansehen. Viele Menschen glorifizieren bis heute die längst vergangene Zeit der stabilen D-Mark. Allerdings spiegeln Menschen diese verklärte Epoche an den aktuell rekordhohen Inflationszahlen. Die Bundesbank muss für die hohen Preise auch geradestehen. Der Bundesbankpräsident entscheidet mit im Rat der Europäischen Zentralbank, deren vornehmste Aufgabe es ist, für stabile Preise zu sorgen. Inzwischen liegt die Inflationsrate in der Eurozone bei 7,5 Prozent. Das ist der höchste Wert in der Geschichte der Währungsunion. Es geht darum, um Vertrauen zu werben Folglich gibt es Erklärungsbedarf. "Wir wollen für Geldwertstabilität sorgen, aber das klappt nur, wenn wir das Vertrauen der Bevölkerung genießen", sagte Balz. "Dafür müssen die Menschen verstehen, was die Bundesbank macht." Und genau dafür gibt es den riesigen Truck, der nun in vielen Innenstädten des Landes auffahren soll. Drin finden die Besucher Video-Spiele und animierte Grafiken, die erklären, wie der Geldkreislauf funktioniert, wie die Inflation Kaufkraft mindert, ja sogar eine "Falschgeldschulung" ist mit an Bord. Im Obergeschoss gibt es eine Sitzecke. Die "Tour zur Stabilitätskultur", so der offizielle Slogan, soll auch Werbung machen für die Bundesbank als Arbeitgeber. Bei einigen Auftritten werden Vorstandsmitglieder dabei sein. Die Bundesbank kümmert sich schon länger um engeren Kontakt zur Bevölkerung. Frühere Veranstaltungen wie der "Tag der offenen Tür" sollten das Vertrauen zu den Bürgern stärken. Auch die EZB unter Präsidentin Christine Lagarde möchte die komplizierte Welt der Geldpolitik besser erklären. Europas Währungshüter kämpfen um Legitimation. Die Rettungspolitik des vergangenen Jahrzehnts mit umstrittenen Anleihekäufen in Billionenhöhe und Nullzinsen haben Spuren hinterlassen. Es gab Verfassungsbeschwerden gegen die lockere Geldpolitik der EZB. Viele Sparer sind angesichts der andauernden Nullzinspolitik nun noch stärker verärgert, weil die Inflationsraten so hoch sind. Scheue Wesen im Elfenbeinturm - das war einmal Vor Ausbruch der Finanzkrise 2008 galten Notenbanker als scheue Wesen im Elfenbeinturm. Die breite Öffentlichkeit nahm kaum Notiz von dieser Technokraten-Elite. Deren Aufgabe war es, den Leitzins im richtigen Moment zu senken oder zu erhöhen. Zur Bekämpfung der Finanz- und Schuldenkrisen nach 2008 hat die EZB immer neue und nie dagewesene Maßnahmen beschlossen, was in der europäischen Gesellschaft auch Proteste auslöste. Die Notenbank steht seitdem stärker im Rampenlicht, sie muss deshalb näher ran an die Bürger, deren Geld sie ja schützen will. Die Roadshow der Bundesbank in einem Truck, dessen Größe auch einer Konzert-Tournee der Rolling Stones gerecht würde, soll "den Menschen Orientierung geben, was wir tun, und das soll kein volkswirtschaftliches Seminar werden", verspricht Balz. Der neue Bundesbankpräsident Joachim Nagel weiß, wie kompliziert die Notenbankerwelt ist: "Man findet kaum jemanden, der einem einfach erklären kann, was die Bundesbank tut", sagte er beim Starttermin. "Deshalb ist diese Roadshow wichtig."