Monday, April 29, 2024
Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Grüne lobt Baerbocks „hervorragende Arbeit“ - das ist Realitätsverlust in Reinform
Kommentar von Hugo Müller-Vogg - Grüne lobt Baerbocks „hervorragende Arbeit“ - das ist Realitätsverlust in Reinform
FOCUS-online-Autor Hugo Müller-Vogg • 6 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Für Katrin Göring-Eckardt macht Annalena Baerbock „einen ausgezeichneten Job“. Sogar als Kanzlerkandidatin kann sie sich die grüne Außenministerin vorstellen. Im Grunde können sich die Grünen all das aber sparen.
In den Umfragen der acht führenden Meinungsforschungsinstitute liegen die Grünen bei 12 bis 15 Prozent. Das ist weit entfernt von den 20 Prozent und mehr, auf die es die Grünen noch vor zwei Jahren brachten.
Allerdings steht die Öko-Partei im Vergleich zu dem 2021 aus ihrer Sicht enttäuschenden Bundestagswahlergebnis von 14,8 Prozent relativ stabil da. Die Verluste ihrer Ampel-Partner SPD und FDP sind viel dramatischer.
Das ist freilich kein Grund, sich Gedanken über einen eigenen Kanzlerkandidaten zu machen. Oder um es im Sinn der Grünen gendergerecht zu formulieren: über „eine/n Kanzlerkandidat:in (m/w/d)“. Denn das Kanzleramt ist für die Grünen weit entfernt.
Für Göring-Eckardt macht Baerbock „einen ausgezeichneten Job“
Eine Ampel-Mehrheit unter grüner Führung ist höchst unwahrscheinlich. Und noch illusorischer ist die Vorstellung von Grün-Schwarz. Schließlich bringt es die CDU/CSU in allen Umfragen auf mindestens doppelt so viele Prozente wie die Öko-Partei.
Katrin Göring-Eckardt, Bundestagsvizepräsidentin und „elder stateswoman“ in ihrer Partei, macht sich gleichwohl Gedanken über einen eigenen Kanzlerkandidaten. Dass es der auf Frauenförderung und Quotenpolitik fixierten Göring-Eckardt am liebsten wäre, diese Rolle würde abermals Annalena Baerbock zufallen, liegt nahe.
Über die potentielle Kanzlerkandidatin Baerbock gerät Göring-Eckardt geradezu ins Schwärmen. „Annalena Baerbock macht gerade einen ausgezeichneten Job“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. Und fügte hinzu: „Genauso wie Robert Habeck“.
Den Namen Baerbock und hervorragende Arbeit in einem Satz unterzubringen, mag in Grünen-Kreisen üblich sein. Diese Einschätzung von Baerbocks Arbeit steht jedoch in einem klaren Gegensatz zur Meinung der Wähler.
Von Baerbocks „hervorragender Arbeit“ scheinen die Bürger nichts mitzubekommen
Baerbock jedenfalls hat geschafft, was außergewöhnlich ist: Die Außenministerin ist laut Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen bei der Bewertung „nach Sympathie und Leistung“ nur Mittelmaß.
Von ihrer „hervorragenden Arbeit“ scheinen die Bürger nichts mitzubekommen; sie schätzen die Amtsführung Baerbocks eher negativ ein. In diesem Jahr liegt die Grüne mit einer durchgängig negativen Bewertung meistens auf Platz 4 oder 5.
Baerbock kann – im Gegensatz zu fast allen ihren Amtsvorgängern – von der Außenministern gewöhnlich entgegengebrachten Grundsympathie nicht profitieren.
So unterschiedliche Außenminister wie Hans-Dietrich Genscher (FDP), Joschka Fischer (Grüne), Sigmar Gabriel oder Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) nahmen im Politiker-Ranking stets vordere Plätze ein.
Eine Ausnahme bildete da Guido Westerwelle (FDP). Der war während seiner Zeit als Außenminister (2009 bis 2013) zu sehr in innenpolitische und innerparteiliche Kämpfe verstrickt, um vom Glanz des Auswärtigen Amtes etwas abzubekommen.
Im Grunde können sich die Grünen all das sparen
Baerbocks Ansehen leidet unter anderem darunter, dass sie im Fernsehen häufig überfordert wirkt. Zudem offenbart sie bisweilen erschreckende Wissenslücken bei historischen Zusammenhängen oder geopolitischen Einschätzungen.
Es wirkt deshalb geradezu peinlich, wenn Baerbock versucht, sich als eine zentrale Figur der weltweiten Bemühungen um eine Beendigung des Gaza-Kriegs zu präsentieren. Ihr pausenloses Hin- und Herfliegen dient eher der Selbstinszenierung als einer Problemlösung.
Macht alles nichts, denkt sich Katrin Göring-Eckardt: Wenn wir nur ständig wiederholen, welch „hervorragende Arbeit“ unsere grüne Außenministerin leistet, werden es die Menschen schon noch glauben.
Was immer die Göring-Eckardt bewogen haben mag, jetzt die K-Frage aufzuwerfen: Im Grunde kann sich die Partei dies alles sparen. Einen eigenen Kanzlerkandidaten auszurufen, zeugt angesichts der aktuellen Zahlen von Realitätsverlust – ganz so wie Baerbocks Auftritte als Möchte-gern-Weltenlenkerin.