Friday, May 17, 2024

Albert Hammond zum 80. Geburtstag – Wasser, Brot und eine Gitarre

Berliner Zeitung Albert Hammond zum 80. Geburtstag – Wasser, Brot und eine Gitarre Christian Seidl • 7 Std. • 2 Minuten Lesezeit Leben sei das, was passiert, während die Leute damit beschäftigt sind, Pläne zu machen, hat John Lennon sinngemäß einmal gesagt. Und damit natürlich das Wesen der Popkultur beschrieben: Mach, was du willst, und auf keinen Fall das, was man von dir erwartet. Oder: Mach genau das nicht, was deine Eltern von dir wollen. Es gibt etliche Songs, die sich hierum drehen – aber keiner tat es je so explizit und mitreißend wie „The Free Electric Band“ von Albert Hammond im Jahr 1973. Da erzählt der Ich-Erzähler vom suburbanen Kleinbürgerleben, das für ihn vorbestimmt und vorgezeichnet war – und wie er alldem entfloh: den Konventionen, Regeln und Erwartungen, dem ganzen trostlosen Trott. „Just give me bread and water and a guitar in my hand“, singt er schließlich, „because all I need is music and the free electric band.“ Es müssen harte Kämpfe gewesen sein, die der junge Albert Hammond ausfocht, damals, in den späten 50er- und frühen 60er-Jahren. Denn das Thema des Ausbruchs und Abschieds durchzieht zumindest sein frühes Werk geradezu leitmotivisch. Auch der Song, der ihm 1972 zum Durchbruch verhalf, „It Never Rains In Southern California“, handelt davon. „Will you tell the folks back home, I nearly made it“, heißt es da fast beschwörend. Hammond erzählt, sein Cousin sei ihm über den Weg gelaufen, als er sich Mitte der 60er in Madrid als Straßenmusikant verdingte – und entsetzt gewesen, wie abgerissen er war. Und da habe er diesen Satz gesagt und um diesen Satz herum jenen Song geschrieben. Hammond wurde 1944 in London geboren, wuchs aber in Gibraltar auf, wo sein Vater als Feuerwehrmann arbeitete und keiner Sonderschicht aus dem Weg ging, um dem Jungen eine akademische Ausbildung zu ermöglichen. Stattdessen brachte der sich das Gitarrespielen bei und tingelte schon als 16-Jähriger mit Johnny-Cash-Songs durch marokkanische Strip-Clubs. „Meine Eltern hassten Rock ’n’ Roll, sie hassten lange Haare“, erzählt er. Und dass seine 2019 gestorbene Mutter älter als 90 werden musste, um ihren Frieden mit seinem Lebensweg zu machen. Da war Albert Hammond lange ein gemachter Mann. Seiner kurzen Weltkarriere im Pop-Rampenlicht in den frühen 70er-Jahren folgte eine noch größere und längere als Hitschmied für andere. Dass er den größten Hit der Hollies („The Air That I Breathe“) ebenso schrieb wie den archetypischen Whitney-Houston-Song („One Moment In Time“) und etwa jedes Lied, das man von Julio Iglesias kennt („To All The Girls I've Loved Before“) zeigt, welche unfassbare Bandbreite dieser wunderbare Musiker und Melodienfinder hat, der von sich sagt: „Ich bin kein guter Musiker, ich habe mir drei Akkorde beigebracht, weil ich Lieder von Buddy Holly spielen wollte.“ Der Rest geschehe intuitiv. Er greife einfach in die Gitarre, „und dann passiert es“, sagt er. Was halt so passiert, während die Leute damit beschäftigt sind, Pläne zu machen. Am Sonnabend wird Albert Hammond 80 Jahre alt. Thank you for the music.