Friday, February 17, 2023
Benachteiligung vom Staat: Millionen Rentner betroffen
HNA
Benachteiligung vom Staat: Millionen Rentner betroffen
Artikel von Amy Walker • Vor 3 Std.
Die Betriebsrente ist eine wichtige Säule bei der Altersvorsorge. Eigentlich muss sie regelmäßig angepasst werden. Der Staat drückt sich aber – zum Nachteil von gut zwei Millionen Rentnern.
München – Alle drei Jahre muss der Arbeitgeber prüfen, ob die von ihm ausgezahlte Betriebsrente angemessen ist. Richtwerte sind dabei die Inflation und die Löhne der aktuellen Angestellten im Betrieb. Es gibt aber ein Schlupfloch, wie ein Bericht von t-online nun offenlegt: Laut Betriebsrentengesetz muss der Arbeitgeber die Betriebsrente nicht an die Inflationsrate anpassen, wenn er stattdessen die Rente um jährlich ein Prozent anhebt. Und genau das tut der Staat bei seinen ehemaligen Angestellten seit Jahren,berichtet Merkur.de.
Rente im öffentlichen Dienst: Beamte bekommen viel mehr Geld
Das deutsche Rentensystem ist auf drei Säulen aufgebaut. Es gibt die gesetzliche Rente, in die jeder Versicherte einzahlt. Die gesetzliche Rente deckt in der Regel aber nur das Existenzminimum ab. Daher sollte sie durch die zwei weiteren Säulen aufgestockt werden: die private Altersvorsorge und die Betriebsrente.
Im öffentlichen Dienst wird unterschieden zwischen Angestellten und Beamten. Das wirkt sich auch auf die Altersvorsorge aus: Beamte bekommen später eine Pension, die Angestellten eine Betriebsrente. Pensionäre erhalten dabei deutlich mehr Geld als Rentner. Bis zu 70 Prozent des Bruttogehalts können Beamte im Alter vom Staat bekommen. Noch dazu werden die rund 1,4 Millionen Rentner, die „nur“ Angestellte im öffentlichen Dienst waren, seit Jahren von ihrem ehemaligen Arbeitgeber benachteiligt.
Betriebsrente wird im öffentlichen Dienst kaum angepasst
Die Anpassung der Betriebsrente wird durch das Betriebsrentengesetz geregelt. Darin ist festgelegt, dass die Betriebsrente vom Arbeitgeber regelmäßig überprüft werden muss. Dies soll alle drei Jahre geschehen, insbesondere zu berücksichtigen sind dabei „die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers“ so das Gesetz im Wortlaut.
Anpassung der Betriebsrente bedeutet: Die Rente steigt im Einklang mit der Inflation oder mit den Löhnen der Arbeitnehmer im Unternehmen. Es gibt aber im Gesetz ein Schlupfloch: „Die Verpflichtung [...] entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen“. Heißt konkret: Wenn jedes Jahr die Betriebsrente um ein Prozent steigt, dann muss sonst keine weitere Anpassung erfolgen.
Betriebsrente steigt um nur ein Prozent – also um wenige Euro
Im Bericht von t-online spricht eine Rentnerin, die neben ihrer gesetzlichen Rente von 1.700 Euro eine Betriebsrente von 350 Euro im Monat erhält. Sie war 48 Jahre lang Angestellte im öffentlichen Dienst. Da sich der Staat vom Schlupfloch im Betriebsrentengesetz bedient, hat sich ihre Betriebsrente in den letzten Jahren um gerade mal fünf Euro erhöht. Bei 350 Euro im Monat beträgt die nächste Anpassung ebenfalls nur 3,50 Euro. Und das bei einer aktuellen Inflationsrate von fast 9 Prozent.
Dabei hat ein Arbeitsgericht erst im Sommer 2022 eine Großbank dazu verdonnert, die Betriebsrente ordentlich zu erhöhen. Ein ehemaliger Mitarbeiter hatte geklagt, nachdem die Bank eine Anpassung der Betriebsrente unter Berufung der gestiegenen Kosten durch die Corona-Krise verweigert hatte. Das Arbeitsgericht in Frankfurt gab dem Mitarbeiter recht und forderte von der Bank eine Erhöhung der Rente von 120 Euro im Monat.
Anpassung der Betriebsrente an die Inflation würde tausende Euro mehr ergeben
Ehemalige Angestellte im öffentlichen Dienst könnten nun wegen Diskriminierung klagen. Denn ihre Situation ist auch deshalb ungerecht, weil Beamte sowieso schon viel höhere Bezüge bekommen als Rentner. 2022 haben Pensionäre im Schnitt ein Ruhegehalt von 3.170 Euro brutto bekommen.
Nach Angaben eines Anwalts für Rentenrecht, der mit t-online gesprochen hat, würden Rentner, deren Betriebsrente an die Teuerungsrate angepasst wurde, mit der Zeit tausende Euro mehr bekommen. Zudem werden Frauen aktuell mehr benachteiligt als Männer, da ihnen durch ihre längere Lebenserwartung so noch mehr Geld durch die Lappen geht. Frauen haben im Schnitt aber sowieso schon kleinere Renten als Männer.
Der Sozialverband VdK fordert daher eine Gesetzesänderung. Angesichts der aktuellen Inflation reiche ein Prozent schlicht nicht aus, so die VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Es braucht eine gesetzliche Vorgabe, die dafür sorgt, dass die Rentenanpassungen bei der betrieblichen Rente höher ausfallen.“