Saturday, February 22, 2025

Ukraine-Krieg: USA wollen Russland in Uno-Resolution nicht als Aggressor bezeichnen

DER SPIEGEL Ukraine-Krieg: USA wollen Russland in Uno-Resolution nicht als Aggressor bezeichnen 2 Std. • 3 Minuten Lesezeit Die USA gehen in der Uno-Vollversammlung offenbar auf Konfrontationskurs zu Europa. Russland hält das für einen »guten Schritt«. Derweil nähern sich Washington und Kyjiw bei einem Rohstoffdeal an. Jahrelang unterstützten die USA die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. Unter Präsident Donald Trump aber nähern sich die Vereinigten Staaten immer stärker Moskau an, so nun auch bei den Vereinten Nationen: Die US-Regierung will nach Angaben von Diplomaten einen Resolutionsentwurf in die Uno-Vollversammlung einbringen, der Russland nicht explizit als Aggressor nennt. Diese Resolution gilt als Gegenentwurf zu einem von der EU und der Ukraine entworfenen Text. Das Papier, von dem unter anderem die Nachrichtenagenturen dpa und AP berichten, fordert zudem keinen Rückzug russischer Truppen von ukrainischem Staatsgebiet. Die territoriale Integrität der Ukraine wird nicht erwähnt. US-Resolution als Hinwendung zu Putin Der Uno-Resolutionsentwurf der USA mahnt »ein rasches Ende des Konflikts« in der Ukraine an und bedauert den Verlust von Menschenleben in dem Krieg – der um ein Vielfaches mehr ukrainische als russische Zivilisten das Leben gekostet hat. US-Außenminister Marco Rubio warb für die Resolution. Die USA hätten eine »einfache, historische Resolution eingebracht, die wir alle Mitgliedsstaaten auffordern, zu unterstützen, um einen Weg zum Frieden zu finden«, sagte Rubio. Auf den Inhalt der Resolution ging er nicht weiter ein. Der Entwurf der Ukraine und der Vertretung der EU zur Unterstützung Kyjiws soll am Montag vor dem größten Uno-Gremium zur Abstimmung gestellt werden. Westliche Diplomatinnen und Diplomaten hatten bereits befürchtet, dass die USA den ursprünglichen Resolutionsentwurf nicht unterstützen würden, was Trumps verbale Abkehr von Kyjiw diplomatisch formalisiert hätte. Ein Gegenentwurf dürfte eine weitergehende Eskalation darstellen. Diplomatenkreise sehen den Schritt auch als Ausdruck einer grundsätzlichen Hinwendung Trump zu Kremlchef Wladimir Putin, die in der Ukraine und westlichen Demokratien befürchtet wird. Das überraschende Vorgehen der US-Regierung wertete Russlands Uno-Vertreter Wassilij Nebensja als »guten Schritt«. Westliche Diplomatinnen und Diplomaten hingegen äußerten sich hinter vorgehaltener Hand tief besorgt. Noch am Freitagabend sollten die Botschafterinnen und Botschafter der EU-Mitgliedstaaten laut dpa am East River zu einer Notfallsitzung zusammenkommen. Trump bezeichnete Selenskyj als »Diktator« US-Präsident Trump hatte seine Rhetorik gegenüber der Ukraine zuletzt deutlich verschärft und sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angenähert. Dabei bezeichnete er Selenskyj als »Diktator«, weil es seit geraumer Zeit in der Ukraine keine Wahlen mehr gegeben habe – obwohl das in Kriegszeiten auch in anderen Ländern gängige Praxis ist. Zudem sagte der Republikaner, dass er die Kriegsschuld bei Kyjiw sehe, und initiierte Gespräche zum Kriegsende mit Russland in Abwesenheit der Ukraine. Wolodymyr Selenskyj hat bislang die Rolle eines ukrainischen Winston Churchill gespielt, siegesgewiss an der Seite des Westens.  Nun zwingt ihn Donald Trump in eine neue Rolle. Mehr dazu lesen Sie hier. Derweil erklärte Selenskyj, er habe sich mit führenden europäischen Politikern über Wege zu einem Frieden abgestimmt. Zu den Gesprächspartnern Selenskyjs gehörten neben Bundeskanzler Olaf Scholz unter anderem die Staats- und Regierungschefs von Schweden, Polen, Irland und Kroatien. »Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass Europa viel mehr tun muss und kann, um sicherzustellen, dass der Frieden tatsächlich erreicht wird«, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. »Wir haben klare Vorschläge mit unseren Partnern in Europa, und wir können auf dieser Grundlage die Umsetzung der europäischen Strategie sicherstellen, und es ist wichtig, dass dies gemeinsam mit Amerika geschieht.« Wie viele Soldaten brauchen mögliche Friedenstruppen? Für ein etwaiges Friedenskontingent in der Ukraine wären nach Darstellung der Regierung in Kyjiw bis zu 150.000 Soldaten aus dem Ausland notwendig. Der Präsidentschaftsberater Mychailo Podoljak verwies in der »Welt am Sonntag« laut Vorabbericht auf die 1300 Kilometer lange Frontlinie und die Präsenz von mehr als 600.000 russischen Soldaten in den besetzten ukrainischen Gebieten. »Ein Friedenskontingent kann daher nicht klein sein«, sagte Podoljak dem Blatt. »Es müsste aus 100.000 bis 150.000 Soldaten bestehen, mit entsprechender Infrastruktur und Aufgabenverteilung.« Verhandlungen zu Rohstoffdeal zwischen USA und Ukraine Mit Blick auf einen Rohstoffdeal scheinen sich die USA und die Ukraine etwa näherzukommen. Selenskyj erklärte am Freitagabend, dass Teams beider Länder an einem Entwurf arbeiteten. US-Präsident Donald Trump knüpft Hilfen für die Ukraine an Zugang zu deren Vorrat an seltenen Erden. Die Ausbeutung der Vorkommen gilt als wirtschaftlich lukrativ und strategisch bedeutsam. Einen ersten Vertragsentwurf aus Washington hatte Selenskyj aber abgelehnt. Berichten zufolge forderten die USA 50 Prozent der mit diesen Rohstoffen erzielten Einkünfte und wollten sich damit die bisher geleistete Militärhilfe quasi im Nachhinein bezahlen lassen.