Friday, February 28, 2025

Vor Ende des Ukraine-Kriegs: Russland zieht bei Verhandlungen mit den USA rote Linie

Frankfurter Rundschau Vor Ende des Ukraine-Kriegs: Russland zieht bei Verhandlungen mit den USA rote Linie Christoph Gschoßmann • 1 Std. • 4 Minuten Lesezeit Annäherung zwischen USA und Russland Ein Ende des Ukraine-Kriegs am Verhandlungstisch scheint nicht mehr undenkbar. Doch Moskau stellt eine Bedingung klar. Moskau – Moskau und Washington nähern sich an: Russland ist bereit, über ein Ende des Ukraine-Kriegs zu verhandeln. Doch eine bestimmte Konzession steht für Wladimir Putin nicht zur Debatte: Die eroberten Gebiete zurückzugeben. Wie der Kreml am Donnerstag (28. Februar 2025) bekannt gab, seien die Gebiete ein „untrennbarer Teil unseres Landes“. Das äußerte Sprecher Dimitri Peskow gegenüber Reportern. Verhandlungen über Ende des Ukraine-Kriegs? Gespräche zwischen USA und Russland in Istanbul Russische und US-amerikanische Beamte trafen sich bereits in Istanbul zu Gesprächen, die auf eine Normalisierung der Beziehungen abzielten. Die Gespräche, die in der Residenz des US-Generalkonsuls stattfanden, folgten dem ersten hochrangigen Treffen zwischen den beiden Atommächten in diesem Monat, seit Russland seine groß angelegte Invasion der Ukraine begonnen hat. Ippen.Media hat beim Osteuropa-Institut der FU Berlin für eine Einschätzung der Lage nachgefragt. Abteilungsleiter Prof. Dr. Alexander Libman hält dabei eines unumgänglich fest: Eine Rückgabe der besetzten Gebiete an die Ukraine hält er auf diplomatischem Wege für „absolut unmöglich“. Das sieht auch Peskow so. Die Gebiete seien „zu Subjekten der Russischen Föderation geworden und in der Verfassung unseres Landes verankert“. Dies sei „unbestreitbar und nicht verhandelbar“, sagte er während eines täglichen Briefings. Die russischen Streitkräfte kontrollieren die meisten Regionen Donezk und Luhansk, aber nur Teile von Saporischschja und Cherson. Moskau besetzt auch einen Teil der nordöstlichen ukrainischen Region Charkiw. Bedingungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs: Kiew pocht auf Wiederherstellung der Grenzen Vier Monate nach dem Beginn der Invasion im Februar 2022 in der Ukraine erklärte Russland die Annexion von vier ukrainischen Regionen – Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. 2014 hatte es auch die Halbinsel Krim annektiert. Im Großteil der internationalen Gemeinschaft gelten die Annexionen als illegal. „Die Ukraine hat ihre international anerkannten Grenzen“, sagte der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Georgiy Tykh. „Es ist wirklich lächerlich, dass sie sich auf ihre Verfassung berufen“, um die Annexionen zu rechtfertigen, fügte er hinzu. Lage im Ukraine-Krieg: Kiew fehlen die Ressourcen zur Wiedereroberung der annektierten Gebiete Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eingeräumt, dass seiner Armee die Ressourcen fehlen, um alle besetzten Gebiete mit Gewalt zurückzuerobern. Er hat jedoch angedeutet, dass ein Teil des Landes auf diplomatischem Wege zurückgegeben werden könnte. Putin sieht nach den ersten Kontakten zur Regierung des neuen US-Präsidenten Donald Trump Ansätze für bessere Beziehungen zu den USA. „Es gibt den Willen auf beiden Seiten, sich für die Wiederherstellung der zwischenstaatlichen Beziehungen, für die schrittweise Lösung der kolossalen Häufung angestauter systemischer strategischer Probleme in der Weltarchitektur einzusetzen“, sagte Putin bei einer Sitzung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in Moskau. Gespräche über Ukraine-Krieg: Putin und Trump vereinbaren Telefonat Diese Probleme hätten schließlich dazu geführt, dass neben dem Konflikt in der Ukraine auch Krisen in anderen Regionen provoziert worden seien. Zugleich warnte der Kremlchef, dass es im Westen Eliten gebe, denen der neue Dialog zwischen Russland und den USA missfalle. Moskau hoffe, dass diese Verhandlungen die ersten in einer Reihe ähnlicher Expertentreffen seien, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Ziele seien eine Wiederannäherung und der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen. Der Kreml hatte zuvor deutlich gemacht, dass dies ein langer Weg sei. Libman indes zweifelt allgemein an der Annäherung zwischen der USA und Russland. Er sehe hierfür „keine Evidenz“. Nur der Ton gegenüber Moskau habe sich verändert. Libman: „Abgesehen von Extravaganz von Trump wäre aber das Ziel, Krieg auf einem Verhandlungswege zu stoppen, ohne Tonänderung kaum erreichbar – wobei man wahrscheinlich nicht so weit gehen sollte, wie Trump es tut.“ Man sehe lediglich den starken Wunsch der US-Administration, den Krieg zu beenden. Putin und Trump hatten bei einem Telefonat in diesem Monat die Kontakte vereinbart. Gesprochen werden soll auch über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine und über ein Treffen der beiden Präsidenten. Noch gibt es aber keinen Termin. Russland-Experte über Europas Rolle in Verhandlungen: „Wir zahlen jetzt den Preis dafür“ Der Krieg könne über die Köpfe der Ukrainer nicht beendet werden, schließlich kämpfen sie an der Front, so Libman. Der Russland-Experte merkt aber auch an, dass die Position der USA eine sehr große Rolle spiele. „Ich kann es mir nicht vorstellen, dass die Ukraine starke Meinung der USA komplett ignorieren kann – da wird es einen Anpassungsprozess geben. Der ist aber nicht mit einer kompletten Unterordnung dem Willen der USA gleichzusetzen.“ Die Optionen für Europa indes schätzt Libman „sehr gering“ ein. Libman: „Wir zahlen jetzt leider den Preis dafür, dass man in den letzten drei Jahren versäumt hat, einen strategischen Ansatz zum Krieg zu entwickeln – was bedeuten würde, dass man verschiedene Optionen ausloten würde und deren Kosten, Vorteile und optimale Reaktionen sich überlegen würde.“ Stattdessen habe Europa, und insbesondere Deutschland, einen „rein wertorientierten Ansatz gewählt“, indem man ausschließlich die idealen normativen Ziele gesetzt habe. Diese waren aber „wahrscheinlich unrealistisch“. Für Deutschland sei es „leider zu spät“, es werde nicht als eigenständiger Akteur wahrgenommen. Falls es in Europa Akteure geben werde, sei es „eher Frankreich, aber nicht Deutschland“. (cgsc mit dpa und afp)