Wednesday, February 19, 2025
Trumps nächster Streich: 25 Prozent Zölle auf Autos, Medikamente und Halbleiter ab April – später sogar «substanziell mehr»
Neue Zürcher Zeitung Deutschland
Trumps nächster Streich: 25 Prozent Zölle auf Autos, Medikamente und Halbleiter ab April – später sogar «substanziell mehr»
André Müller, New York • 10 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Die USA wollen importierte Autos mit einem Zoll von rund 25 Prozent belegen.
Neuer Tag, neuer Zoll: Donald Trump hat am Dienstagabend erstmals Details zu den kürzlich angedrohten Zöllen auf Pharmazeutika, Autos und Halbleiter bekanntgegeben. Fahrzeuge sollen mit einer Einfuhrabgabe «in der Nähe von 25 Prozent» belegt werden. Importe von Medikamenten und Computer-Chips ebenfalls, wobei die Zölle im Laufe eines Jahres noch substanziell höher ansteigen würden. Man wolle, erklärte Trump, den Herstellern aber etwas Zeit geben. Zeit, ihre Produktion in die USA zu verlagern.
Tür für Verhandlungen scheint offen
Die Aussagen machte der amerikanische Präsident am Rande einer kurzen Pressekonferenz in Mar-a-Lago, Trumps Residenz in Florida, in der auch der Ukraine-Krieg und andere Themen besprochen wurden. Weiter ins Detail zu den Zöllen ging Trump daher nicht; er kündigte an, am 2. April den konkreten Plan vorzulegen.
Viele wichtige Fragen bleiben somit noch offen – beispielsweise, ob die Auto-Zölle auch für die Nachbarländer Mexiko und Kanada, denen Trump ohnehin schon mit Importzöllen von 25 Prozent gedroht hatte, gelten würden. Oder wie sich diese güterspezifischen Zölle zu den allgemeinen «reziproken» Zöllen verhalten, die der 78-jährige Präsident ebenfalls erst vergangene Woche angekündigt hatte. Die Grundannahme scheint zu sein, dass diese güterspezifischen Abgaben zusätzlich zu den Vergeltungszöllen erhoben würden.
Trump und sein Regierungsteam werden in den kommenden Wochen Delegationen von Handelspartnern empfangen und Verhandlungen über mögliche Ausnahmen oder bilaterale Deals führen. Unter anderem wird EU-Kommissar Maros Sefcovic in dieser Woche in Washington erwartet. Für die Handelspartner der USA ist es jedoch schwierig abzuschätzen, wie gross ihr Verhandlungsspielraum tatsächlich ist. Trump äussert sich zur Frage, was er mit den Zöllen konkret erreichen will, bewusst mehrdeutig, um das Gegenüber zu verwirren.
Höhere Inflation droht
Insofern sind die 25 Prozent nicht in Stein gemeisselt, aber man sollte sie als einen ersten Schritt zum Nennwert sehen. Zölle in dieser Grössenordnung würden das Preisgefüge und die jeweiligen Gütermärkte in den USA stark durcheinanderbringen und voraussichtlich stark inflationär wirken: Importabgaben werden in der Regel vom Importeur bezahlt und nach Möglichkeit an die Kunden weitergegeben. In welchem Umfang die Importeure dies tun können, hängt aber von der jeweiligen Marktkonstellation ab.
Offen ist zudem, wie die Handelspartner auf die neuen Drohungen reagieren werden. Viele dürften versuchen, eine grosse Eskalation zu verhindern und allenfalls Vergeltungszölle einzuführen, die gezielt die Exporte von republikanischen Gliedstaaten treffen. Kleinere, offene Volkswirtschaften wie die Schweiz könnten sogar komplett auf Gegenmassnahmen verzichten. Die Gefahr einer Eskalation ist bei einem derart grossen und komplexen Handelsstreit aber immer gegeben.
Die Teuerung liegt in den USA derzeit noch immer bei 3 Prozent, also deutlich über dem Zielwert von 2 Prozent. Ein Treiber der Inflation war jüngst ausgerechnet die Mobilität: Die Preise für Occasionswagen und Autoversicherungen sind in den vergangenen Monaten deutlich angezogen. Sollten nun auch die Preise für Neuwagen wegen der Zölle auf Stahl und Aluminium sowie gegen Kanada und Mexiko wieder stärker ansteigen, könnte dies in den USA für Unmut sorgen. Ausserhalb einiger weniger Grossstädte ist der öffentliche Verkehr schlecht ausgebaut, und die Amerikaner sind aufs Auto angewiesen, um etwa zur Arbeit zu gelangen.
Trump verwies an der Pressekonferenz auf eine Reihe von «sehr grossen Unternehmen», die bereits planten, ihre Produktion in die USA zu verlagern. Bei einer Arbeitslosenquote von nur rund 4 Prozent wird es aber schwierig, die nötigen Fachkräfte für all diese neuen Fabriken zu finden – insbesondere falls die USA gleichzeitig auch weniger qualifizierte Einwanderer ins Land lassen, wie es manche nationalistische Kräfte fordern. Falls es tatsächlich zum Aufbau zahlreicher neuer Fabriken in den USA kommen sollte – von einer Absichtserklärung bis zur Eröffnung ist es jeweils ein langer Weg – könnten die knappen Facharbeiter deutlich höhere Löhne aushandeln. Das würde für neuerlichen Inflationsdruck sorgen.
Kumuliert könnten die Zoll-Ideen von Trump die Teuerung somit deutlich anheizen, obwohl er vor den Wahlen und bei seiner Inauguration tiefere Preise versprochen hat. Hier könnte Trumps Achillesferse im kommenden Handelsstreit zu finden sein.
Auch Bern ist gefordert
Die Schweiz wäre von Zöllen auf Pharmazeutika wohl besonders stark betroffen. Sie machen 60 Prozent der gesamten Schweizer Exporte in die USA aus. Nebst den Schweizer Pharmariesen Roche und Novartis könnten auch Zulieferer wie Lonza oder Bachem betroffen sein – oder amerikanische Pharmaunternehmen wie Johnson & Johnson, die ebenfalls in der Schweiz produzieren. Viele aus der Schweiz exportierten Produkte werden jedoch in aufwendigen Biotech-Verfahren hergestellt und lassen sich nicht leicht substituieren, was den Exporteuren eine gewisse Preissetzungsmacht geben dürfte.
Auch viele Schweizer Zulieferer der Autoindustrie dürften die Auswirkungen spüren, falls deutsche Fahrzeugexporte in die USA versiegen würden. Aber bis zum 2. April werden noch sechs Wochen verstreichen. In Trumpscher Zeitrechnung ist das eine halbe Ewigkeit, in der noch zahlreiche Drohungen aufkommen oder auch wieder verschwinden können.