Wednesday, February 12, 2025
Kommentar zur Ukraine: Trump bricht mit der bisherigen Ukrainepolitik
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Kommentar zur Ukraine: Trump bricht mit der bisherigen Ukrainepolitik
Nikolas Busse • 51 Mio. • 2 Minuten Lesezeit
Der neue amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth bei der NATO in Brüssel
Für jeden, der in den vergangenen Monaten (amerikanische) Zeitungen gelesen hat, kann es keine Überraschung sein, was der neue US-Verteidigungsminister bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel gesagt hat: Für die Lösung, die Trump anstrebt, muss die Ukraine wohl auf die Gebiete verzichten, die sie seit 2014 verloren hat (also auch die Krim und den Donbass), sie soll nicht der NATO beitreten, und die Europäer müssten den Großteil der Hilfe für Kiew stemmen, auch mit eigenen Truppen.
All das ist schon seit Längerem aus dem Umfeld von republikanischen Vordenkern durchgesickert, nun ist es offizielle Politik der amerikanischen Regierung.
Eine neue Phase der Unsicherheit
Es ist ein weitgehender Bruch mit der bisherigen Ukrainepolitik des Westens. Er kommt Putin weit entgegen und delegitimiert vieles, was in den wichtigsten Staaten Europas, einschließlich Deutschlands, in den vergangenen Jahren zu dem Thema gesagt und getan wurde. Einen „Sieg“ der Ukraine wird es unter diesen Umständen nicht mehr geben.
Sollte sich Moskau auf einen Waffenstillstand mit diesen Vorgaben einlassen, dann wäre das ohne Frage eine große Erleichterung für die Menschen in der Ukraine und die Soldaten auf beiden Seiten. Geopolitisch aber wäre es aller Voraussicht nach der Beginn einer neuen Phase der Unsicherheit in Europa, weil Russland neue Kräfte tanken und damit kalkulieren könnte, dass eine stark auf Europa reduzierte NATO kein ganz so schwerer Gegner wäre wie bisher.
Obwohl sich diese Entwicklung abgezeichnet hat, trifft sie gerade Deutschland unvorbereitet. Neben den steigenden Kosten für die Ukraine und einem potentiellen Bundeswehreinsatz bekommt es das Land auch mit einer Debatte über ein höheres Ausgabenziel der NATO zu tun.
Trump hat mit Verteidigungsausgaben in der Höhe von fünf Prozent eine Marke vorgegeben, in deren Nähe es selbst Amerika seit Längerem nicht mehr schafft. Realistischer erscheint „nördlich von drei Prozent“, wie der NATO-Generalsekretär sagt. Die Vorstellungen der deutschen Parteien liegen meist weiter südlich, wie ein Blick in die Wahlprogramme zeigt. Hier dürfte es nach der Bundestagswahl ein böses Erwachen geben – für Wähler wie Gewählte.