Monday, February 17, 2025
Klingbeil über Russland: „Haben keine Angst vor Putin, aber wissen nicht wie der eskaliert“
Merkur
Klingbeil über Russland: „Haben keine Angst vor Putin, aber wissen nicht wie der eskaliert“
Moritz Maier • 2 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Beim WahlFORUM wirbt SPD-Chef Lars Klingbeil um Wählerstimmen. Neben der Migration steht der Ukraine-Krieg im Fokus. An CDU und Grüne sendet er klare Botschaften.
München – Wenige Tage vor der Bundestagswahl mangelt es nicht an Gesprächsstoff: Donald Trump erschüttert Europa mit täglich neuen Vorstößen zu Grönland, Gaza und Deals mit Wladimir Putin im Ukraine-Krieg. Aber auch die Wirtschaftskrise, der Anschlag in München und die Frage nach der deutschen Migrationspolitik beschäftigen die Menschen. SPD-Parteichef Lars Klingbeil stellte sich am Montag, 17. Februar, im WahlFORUM des Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA den Fragen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. Dabei warf er der Union in der Migrationspolitik Inszenierung statt substanzieller Politik vor und den Grünen, dass diese die Bundeswehr lange nur vonseiten der Demonstrationen gegen sie kannten.
Klingbeil über Ampel-Aus: „Olaf Scholz ist als Bundeskanzler das Gesicht des Streits“
Klingbeil trat als Parteichef natürlich in Werbefunktion für Noch-Kanzler Olaf Scholz auf, gab aber offen zu, dass das Bild der Sozialdemokraten gerade angeschlagen ist. „Dieser elende Streit der Ampel hat das Land dreieinhalb Jahre geprägt – Olaf Scholz ist als Bundeskanzler das Gesicht des Streits“, so der SPD-Chef. Gleichzeitig schützte er den Kanzler aber vor Kritik, etwa zu wenig und zu zögerlich Hilfe für die Ukraine zu liefern und Russland gegenüber nicht entschieden genug aufzutreten. „Ich finde es absolut richtig, dass der deutsche Bundeskanzler mit Putin telefoniert“, sagte Klingbeil. Denn wenn es nun der US-Präsident tue, „beschweren sich alle darüber, dass wir nicht mit am Tisch sitzen.“
Der SPD-Chef ging einen Schritt weiter. Er gab zu, nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 nicht die richtigen Schlüsse bezüglich Putin gezogen zu haben. Er und die SPD stünden aber dazu. „Wir sind die einzige Partei, die ihr Verhältnis zu Russland aufgearbeitet hat. Der CDU und CSU würde das auch guttun.“ Gesprächskanäle müssen auch im Fall Russland offen bleiben, so Klingbeils Argumentation. „Dass es nur militärische Stärke oder nur Diplomatie gibt, das ist doch Quatsch“, stellte der SPD-Chef klar.
Klingbeil über Russland: „Haben keine Angst vor Putin, aber wissen nicht wie der eskaliert“
Dass ausgerechnet die Grünen der SPD oft eine zu inkonsequente Rüstungspolitik und zu wenig Ukraine-Unterstützung vorwerfen, sorgte bei Klingbeil für Verstimmung. „Viele von denen kannten die Bundeswehr bisher nur, weil sie dagegen demonstriert haben“, sagte der Sozialdemokrat über die Grünen. Es brauche in Bezug auf Russland eine überlegte Politik. „Wir haben keine Angst vor Wladimir Putin. Aber trotzdem wissen wir nicht, was er denkt und wie er eskaliert.“
Sowohl in Fragen der Außenpolitik, als auch in der Ausrichtung der Migrationslinie sprach sich Klingbeil gegen reines Schwarz-Weiß-Denken aus. Er machte klar, dass Abschiebungen schneller vollzogen werden müssen und verwies auf die gestiegenen Zahlen dafür bei gleichzeitig rückläufigen Zahlen an neu in Deutschland ankommenden Menschen. „Ich möchte, dass wir Migrationspolitik nicht populistisch und nicht spaltend machen“, so Klingbeil im Gespräch. Eine Spitze gegen die Union, speziell Markus Söders CSU, ließ sich der Sozialdemokrat in München nicht nehmen: „Ich erlebe, dass manche Migrationspolitik machen, indem sie harte Sprüche klopfen, aber substanziell nichts passiert.“ Klingbeil sprach sich für Klarheit aus, Geflüchtete müssten schnell wissen, ob sie im Land bleiben dürfen oder nicht – das könne auch ohne Ressentiments gelingen.
Verunsicherungen der Menschen nach den Anschlägen von München, Aschaffenburg und Solingen verstehe Klingbeil. „Es ist verständlich, dass die Menschen in diesem Land sagen, ich fühle mich hier nicht mehr sicher genug. Und daran müssen wir als Politik arbeiten.“ Im Gespräch mit den Gästen betonte der SPD-Chef außerdem, dass es darum gehen muss, Arbeit wieder besser zu belohnen und plädierte für die Parteiforderung eines Mindestlohns von 15 Euro. Auch mit den Forderungen nach mehr Investitionen in Pflege und Bildung versuchte Klingbeil im Wahlkampfendspurt noch einige Menschen von seiner Partei zu überzeugen.