Tuesday, February 4, 2025

Ausgerechnet die Ikone der Migrationskrise?

Frankfurter Allgemeine Zeitung Ausgerechnet die Ikone der Migrationskrise? 3 Std. • 5 Minuten Lesezeit Kritisiert den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz: die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel Ausgerechnet Angela Merkel Zu „Merkel kritisiert Verhalten von Merz als falsch“ (F.A.Z. vom 31. Januar): Soll man lachen, oder soll man weinen? Frau Merkel, die Unfehlbare, die Inkarnation einer in sich gefestigten biederen Hybris, reitet mitten im Wahlkampf eine Attacke ausgerechnet mit Fehlervorwurf an die Adresse von Friedrich Merz? Merkel, selbstbekennend ohne Fehl und Tadel, die in ihren 16 Jahren, die sie für unser Land Verantwortung getragen hat, atemberaubende Fehlentscheidungen von historischer Bedeutung zu verantworten hat? Sie, die Ikone der Migrationskrise, die ganz Europa radikalisiert? Energiewende? Abschaffung der Wehrpflicht? Rente mit 63? Sie, die Russlandexpertin? Sie, die eine wesentliche Verantwortung dafür trägt, dass es Extremistenparteien, wie der AfD, so gut geht? Sie, die als historischer Etikettenschwindel im Kern linke Politik mit dem Ticket einer bürgerlich-konser­vativ beleumundeten Partei gemacht hat? Einer Partei, die im Tiefschlaf der Postenabsicherung nahezu die eigene Identität verloren hatte? Man kann dem Kanzlerkandidaten Merz nur wünschen, dass er es schafft, die CDU weiter zur Besinnung zu bringen und zu vermitteln, dass die alten Merkel’schen Rezepte zum politischen Postenerhalt heute allenfalls zur Stärkung radikaler Parteien taugen. Er scheint hierfür auf einem guten Wege. Dr. Matthias Kraemer, Ahlen In der Tilgung liegt des Pudels Kern Zu dem Kommentar „Auf der Lauer“ (F.A.Z. vom 22. Januar): Wer glaubt, die Haushaltsprobleme mit neuen Schulden lösen zu können, unterliegt einem fatalen Irrtum. Neue Schulden führen nicht nur zu zusätzlichen Zinsen in den Folgejahren und erhöhen so die Deckungslücke, sie bewirken auch eine Erhöhung der Zinsen für die „Altschulden“, die derzeit mit rund 37 Milliarden Euro im Bundeshaushalt stehen. Wie die USA, Italien und Frankreich zeigen, wird der Kapitalmarkt weitere Verschuldung mit höheren Zinsen bewerten, und aus 37 Milliarden Zinsen werden schnell 56 Milliarden oder 64 Milliarden Euro, wenn wir statt zwei Prozent dann drei oder wie die USA vier Prozent an Zinsen zahlen müssen. Die Folgen dieser populistischen Forderung führen uns in eine tödliche Zinsspirale. Es gibt keinen strukturellen Unterschied zwischen der Kreditfinanzierung von „konsumtiven Ausgaben“ und „Investitionen“. In beiden Fällen wird ein Gut beschafft, das zum Verzehr bestimmt ist. Am Ende des Gebrauchs ist nichts mehr von ihm übrig, das in Zukunft noch Nutzen spendet. Der Unterschied ist nur ein zeitlicher. Bei der sogenannten konsumtiven Ausgabe findet der Verbrauch in der gleichen Rechnungsperiode statt, in der auch die Beschaffung anfällt. Bei der „investiven Ausgabe“ beschränkt sich der Verbrauch nicht auf die Rechnungsperiode der Beschaffung, sondern zieht sich über mehrere Rechnungsperioden hin. Das Ergebnis ist aber das gleiche: Am Ende ist das Gut verbraucht und spendet keinen Nutzen mehr. Deshalb muss die Bezahlung mit ordentlichen Mitteln – also bei Bund und Ländern mit Steuern – oder anderen allgemeinen Deckungsmitteln erfolgen. Bei der Finanzierung über mehrere Rechnungsperioden stellt man dieses über Abschreibungen sicher. Es werden die Anschaffungskosten damit über die Nutzungsdauer verteilt, und am Ende, wenn das Gut verbraucht ist, ist das für den Verbrauchsprozess eingesetzte Kapital wieder dem Vermögen zugeführt, sodass nach dem Verbrauch die Vermögensposition wieder dem Urzustand entspricht. Unterlässt man dies, wie Bund und Länder, ist die Infrastruktur verbraucht, und man sitzt auf einem Schuldenberg, dessen Zinslast den Bundeshaushalt zurzeit mit 37 Milliarden belastet, ohne dass davon ein Nutzen für die Gesellschaft ausgeht. Deshalb hilft auch die weitere Schuldenaufnahme nicht. Sie führt in eine „Zinsspirale“. Es werden Zinsen mit Zinsen finanziert. Das endet in einer Katastrophe. Deshalb ist eine einfache Aufhebung der Schuldenbremse oder die Zulassung einer Kreditaufnahme für Investitionen keine Lösung. Wie der Kater dem Rausch folgt, folgen jeder Kreditaufnahme Zins und Tilgung. Auch ein Staat muss mittel- und langfristig seine Ausgaben mit laufenden Einnahmen finanzieren. Jochen-Konrad Fromme, Rechtsanwalt, Kreisdirektor a.D., Haverlah Zenit im Fall Gelbhaar noch nicht erreicht Zur skandalösen Berichterstattung des RBB (zuletzt „Doppelpleite“, F.A.Z. vom 1. Februar): Man wünscht sich, dass in vielleicht einem Jahr ein gut recherchiertes Buch über die „Causa Gelbhaar“ erscheinen wird. Idealerweise von oder mit dem Betroffenen selbst. Zwar ist der Ausgang der Affäre noch unklar, aber die verschiedenen grotesken Wendungen der letzten Wochen sind bereits jetzt kaum zu überbieten. Ältere erinnern sich an Barschel/Engholm, wo sich die Sachverhalte gefühlt nahezu wöchentlich um 180 Grad drehten. Das Interview von Gelbhaar in der „Berliner Zeitung“ vom 1. Februar deutet an, dass der Zenit noch nicht erreicht ist. Stefan Gelbhaar nimmt die Entschuldigungen der RBB-Intendantin Ulrike Demmer und des Chefredakteurs David Biesinger nicht an. Das ist vernünftig. Denn noch ist überhaupt nicht klar, ob der RBB-Teil des Skandals durch hochgradige Inkompetenz oder durch schlichte Korruption zustande gekommen ist. Diese Aufklärung werden die Berliner Staatsanwaltschaft und ein Beratungsunternehmen hoffentlich rasch bewerkstelligen. Hier Hoffnungen auf die parallele „Grüne Kommission“ zu setzen ist sicher sinnlos. Falls die unter anderem in der F.A.Z. kolportierten Einlassungen vor dem Rundfunkrat zutreffen, dann muss in dieser Frage ­inzwischen die letzte Alarmlampe leuchten. Wenn in diesem hochbrisanten Fall die Chefredaktion abwiegelt, man könne sich nun nicht um jeden Beitrag persönlich kümmern oder man könne sich nun nicht jedem Schreiben von Anwälten, die einen Beitrag verhindern wollen, widmen, dann spricht das Bände. Ist es nur journalistische Unfähigkeit? Man sollte auch bedenken, dass erst ein hartnäckiger Mitarbeiter des „Tagesspiegels“ den Vorgang überhaupt aufgedeckt hat. Lob und Ehre sei ihm. Wie stünde es ohne dessen journalistischen Biss? So aber kann Gelbhaar, aber auch die Gesellschaft, vollständige Aufklärung einfordern. Dr. med. Steffen Wahler, Hamburg Schockiert von der FU Berlin Auf Ihren eindrucksvollen Artikel „War sehr nett“ (F.A.Z. vom 20. Januar) über die Gründungszeit der Freien Universität Berlin habe ich schon lange gewartet. Ich bin immer wieder schockiert über die antisemitischen Vorgänge, die an der FU geschehen. Die Gründung einer liberalen und weltoffenen Universität seitens der amerikanischen ­Besatzungsmacht unter der ideellen Förderung zahlreicher Emigranten empfanden wir aufgeschlossenen OstBerliner Abiturienten als unglaublichen Fortschritt nach dem II. Weltkrieg. Ich wollte nach meinem Abitur in Ost-Berlin 1950 – der letzten freien Reifeprüfung, die auch in West-Berlin anerkannt wurde – an der Humboldt-Universität im Ostteil Wirtschaftswissenschaften studieren, wurde aber abgelehnt, da ich „zu jung“ war. Wäre ich FDJ-Mitglied gewesen, hätte man diese Bedenken nicht gehabt. Also fing ich als Banklehrling bei der Volksbank an, die seinerzeit noch quasi unpolitisch arbeiten konnte. Im Sommer 1952 erschien in der Filiale, wo ich tätig war, ein Stasi-Mann, der mir verkündete, dass ich im Prozess gegen einen engen Schulfreund aussagen müsste. Das Verbrechen: er habe einer Nachbarin mehrfach Zeitungen aus West-Berlin mitgebracht. Am gleichen Tage fuhr ich mit der U-Bahn nach West-Berlin zu Verwandten, wo ich sofort Obdach erhielt. Danach meldete ich mich bei der Flüchtlingsstelle, wo man nach Aufnahme meiner Personalien mich an die neue „Freie Universität“ in Berlin-Dahlem empfahl und auch auf ein mögliches Stipendium verwies. Man wird mich verstehen können, wenn ich sage, das war einer der glücklichsten Tage im Leben. Ich habe das Studium inklusive Promotion problemlos erleben und einige der in Ihrem Artikel genannten Professoren kennenlernen können. Unvergesslich die Prüfung bei dem gefürchteten, aber sehr geachteten Ju­risten Ernst E. Hirsch, wo ich bei gestressten Mitprüflingen erfolgreich im Arbeitsrecht bestehen konnte. Übrigens hat mein Freund nach 18 Monaten Haft das gleiche Studium an der FU aufnehmen können. Die heutige Entwicklung an der FU ist unerträglich und diametral der Gründungsphase entgegengesetzt. Dr. Günter Wolf, Kronberg