Wednesday, November 20, 2024

Heizungsgesetz: Grünenpolitikerin und SPD-Ministerin streiten sich

DER SPIEGEL Heizungsgesetz: Grünenpolitikerin und SPD-Ministerin streiten sich 12 Std. • 3 Minuten Lesezeit Das Heizungsgesetz galt als wohl umstrittenstes Vorhaben der Ampelregierung. Nach dem Bruch des Bündnisses machen sich die verbliebenen Koalitionspartner nun gegenseitig Vorwürfe. Ginge es nach Sahra Wagenknecht, sollte der Bundestag das Heizungsgesetz der inzwischen zerbrochenen Ampelregierung noch vor den Neuwahlen wieder kippen. Diese Woche hat nun auch eine prominente Vertreterin der verbliebenen Regierungspartei SPD scharfe Kritik an dem wohl umstrittensten Projekt der alten Koalition geübt. »Aus meiner Sicht müssen wir dieses Gebäudeenergiegesetz grundsätzlich reformieren und viel, viel einfacher machen«, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz am Dienstag beim Tag der Wohnungswirtschaft in Berlin. Es sei zu komplex, habe zu viele Einzelvorschriften. Besser wäre es, einen Schritt zurückzugehen und sich auf das Ziel zu beschränken, klimaschädliches CO₂ im Gebäudebereich einzusparen. Die konkrete Umsetzung müsse der Staat aber nicht im Detail regeln. Es könne allein ein CO₂-Budget für die Bauphase und noch eines später für die Betriebsphase vorgegeben werden. Diese offene Kritik könnte vom verbliebenen grünen Koalitionspartner als Abkehr vom bisherigen, gemeinsamen Projekt aufgefasst werden – und entsprechend harsch kontert die stellvertretende Grünenfraktionsvorsitzende Julia Verlinden die Worte der Ministerin. Verlinden sprach von einem durchschaubaren Ablenkungsmanöver von Geywitz. Es solle darüber hinwegtäuschen, dass die SPD drei Jahre lang fast nichts erreicht habe, um Mieterinnen und Mieter zu schützen. »Dazu hätte eine Mietpreisbremse gehört, die ihren Namen verdient.« Die Ministerin habe viel zu lange gezögert, sich des Themas anzunehmen. »Jetzt tickt die Uhr – die Mietpreisbremse droht schon in wenigen Monaten abzulaufen.« Geywitz hatte laut Nachrichtenagentur Reuters zudem auch noch eingeräumt, dass sie bei dem Thema mit dem damals FDP-geführten Finanzministerium weniger Probleme gehabt habe als mit dem Grünen-geführten Wirtschaftsministerium. Sie sagte, für den sozialen Wohnungsbau stünden mittlerweile pro Jahr 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die anders als in der Vergangenheit auch abfließen würden. 2021 habe es nur eine Milliarde Euro gegeben. Bauen müsse in Deutschland preiswerter und einfacher werden, verlange Geywitz. Sie wünsche sich, dass die geplante Novelle des Baugesetzbuches in den nächsten Wochen noch eine Mehrheit im Bundestag finden werde. Verlinden dagegen verteidigte das offiziell Gebäudeenergiegesetz genannte Heizungsgesetz gegen Kritik. Es enthalte zahlreiche komplizierte Ausnahmen und Sonderwünsche von SPD und FDP, zum Beispiel Heizen mit Wasserstoff, was jedoch kaum Realität werden würde. »Es gäbe also das Potenzial, die Anforderungen an erneuerbare Wärme und Energieeffizienz einfacher und klarer im Gesetz zu adressieren.« Verlinden sagte weiter, das Heizen mit fossilen Energien werde teurer und jede Investition in eine klimaneutrale Heizung rechne sich. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, die Liberalen im Bundestag seien offen für weitere Verbesserungen beim Heizungsgesetz. Man halte »die geplanten Fristen für zu kurz. Viele Menschen sind deshalb verunsichert. Nach der Bundestagswahl braucht es eine grundlegende Reform, damit wir Planungssicherheit schaffen und niemanden überfordern«, sagte er. Die FDP schlage daher vor, den Zeitpunkt, ab dem Heizungen vollständig klimaneutral sein müssten, um weitere fünf Jahre zu verschieben und den verpflichtenden Anteil der Erneuerbaren nicht bereits 2028 zu erhöhen, sondern erst später. Womöglich sind die Vorbehalte gegen allzu rasche energetische Sanierung in der Bevölkerung tatsächlich hoch. Laut einer Umfrage der Direktbank ING gaben viele Immobilieneigentümer in Deutschland an, nur mit Zwang dazu bereit zu sein. Gut 30 Prozent der Befragten gaben in einer Studie der Direktbank ING an, sie würden ihre Immobilie zur Steigerung der Energieeffizienz nur sanieren, wenn sie gesetzlich dazu verpflichtet wären. Bei einer Befragung im Vorjahr hatten das sich nur rund 12 Prozent so geäußert. Weitere rund 18 Prozent erklärten nun, sie wären willens für energetische Sanierungen, wenn es finanzielle Unterstützung – etwa Zuschüsse oder Steuererleichterungen – gebe, die komplett die Kosten deckten. Nach dem Ampel-Aus steuert die rot-grüne Minderheitsregierung auf eine vorläufige Haushaltsführung zu. Die wichtigsten Förderprogramme im Wohnbereich liefen aber weiter, so Geywitz. Angesichts des großen Wohnungsmangels in Metropolen dürfte die Wohnungspolitik vor der Bundestagswahl am 23. Februar eines der wichtigsten Themen werden. Die Ampel hat ihr Ziel klar verfehlt, dass pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Um das neue Heizungsgesetz hatte es ein langes Ringen gegeben. Ziel ist ein schrittweiser Austausch hin zu klimafreundlichen Heizungen.