Monday, July 15, 2024
Das Leben des Attentäters - Er spielte Schach, arbeitete im Pflegeheim – und schoss auf Trump
WELT
Das Leben des Attentäters - Er spielte Schach, arbeitete im Pflegeheim – und schoss auf Trump
3 Std. • 3 Minuten Lesezeit
Die Schüsse während einer Wahlkampfveranstaltung von Ex-US-Präsident Donald Trump im Bundesstaat Pennsylvania haben über die Grenzen der USA hinaus für Erschütterung gesorgt. Trump überlebte den Anschlag am Samstag in der Kleinstadt Butler um Haaresbreite, er wurde leicht am Ohr verletzt. Ein Zuschauer – ein 50-jähriger Feuerwehrmann und Familienvater – starb, zwei weitere Männer im Publikum wurden schwer verletzt. Das FBI ermittelt wegen Mordversuchs sowie wegen möglichen Inlandsterrorismus.
Der mutmaßliche Schütze, der vom Dach eines nahegelegenen Gebäudes mehrere Schüsse abgegeben hatte, wurde von Beamten des Secret Service erschossen. Das FBI identifizierte ihn als Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park in Pennsylvania. Er wurde 20 Jahre alt.
Ein Schulfoto von Crooks zeigt ihn als jungen Mann mit seitlich gescheiteltem dunkelblondem Jahr, Brille und Zahnspange. Crooks‘ frühere Klassenkameraden beschreiben ihn als „stillen“ Schüler, der oft „einsam“ gewirkt habe, wie der Sender ABC News berichtete. Crooks hatte 2022 seinen High-School-Abschluss gemacht und war dabei einer von 20 Schülern, die einen 500-Dollar-Preis für Naturwissenschaften erhielten.
Ein Mitschüler sagte demnach, Crooks habe auf ihn „sozial zurückhaltend“ gewirkt. Jason Kohler, der nach eigenen Angaben dieselbe Highschool wie der mutmaßliche Schütze besuchte, sagte vor Reportern, Crooks sei oft schikaniert worden. „Er war still, aber er wurde einfach gemobbt. Er wurde so sehr gemobbt.“ So sei Crooks, der hin und wieder Jägerkleidung getragen habe, wegen seines Kleidungsstils verspottet worden.
Die „New York Times“ zitierte einen früheren Mitschüler, Zach Bradford, der nach eigenen Angaben amerikanische Geschichte und Politik mit dem Schützen im Unterricht hatte. Demnach machte Crooks einen „unglaublich intelligenten“ Eindruck, seine politische Einstellung sei damals „eher rechts“ gewesen.
Wohngegend der Mittelschicht
Nach der Highschool, so berichtet die NYT unter Berufung auf das Community College, machte Crooks einen Abschluss in Ingenieurswissenschaften. Neben dem College arbeitete er in der Essensausgabe eines Pflegeheims, wo er ebenfalls nicht negativ aufgefallen sein soll. In den sozialen Netzwerken war der junge Mann nach FBI-Angaben kaum präsent.
Dan Grzybek, ein Bezirksrat aus der Gegend, in der Crooks aufwuchs, beschrieb dessen Wohnviertel gegenüber der „NYT“ als „ziemlich durchgehend Mittelklasse, vielleicht obere Mittelklasse“.
Ermittler durchsuchen das Haus, in dem Thomas Matthew Crooks wohnte
Wie ging Crooks vor?
Nach FBI-Angaben feuerte Crooks von einem Dach mit einem halbautomatischen Gewehr vom in den USA sehr verbreiteten Typ AR, das legal erworben wurde. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Waffe Crooks‘ Vater gehört. Es war allerdings unklar, wie sein Sohn an das Gewehr geriet.
Klar scheint inzwischen, wo Crooks das Schießen übte. Am Sonntag bestätigte ein Sportclub südlich von Pittsburgh, der auch über eine Schießanlage verfügt, Crooks Mitgliedschaft.
Nach dem versuchten Mordanschlag auf Trump fanden Ermittler zwei verdächtige Gegenstände in dem Auto, mit dem Crooks rund eine Stunde von seiner Heimatstadt zur Wahlkampfveranstaltung gefahren war. Bomben-Experten sollen das mutmaßlich explosive Material weiter untersuchen. Laut „NYT“ wurde in seiner Wohnung ein dritter möglicher Sprengsatz gefunden.
Rätselraten um Motiv
Laut FBI gab es zunächst keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Nach Angaben von Pentagon-Sprecher Pat Ryder hatte der junge Mann auch keine Verbindungen zur Armee.
Das FBI geht davon aus, dass Crooks allein handelte. Die Ermittler erkannten demnach bisher keine „Ideologie“ hinter der Tat, ein Manifest wurde nicht gefunden. Crooks war bis dato ein Unbekannter für das FBI, seine Online-Historie ähnele derer vieler 20-jähriger Männer. Er habe gern Schach gespielt, Videospiele und hätte sich im Codieren geübt.
Medienberichten zufolge war Crooks als Wähler von Trumps Republikanern registriert – es wäre seine erste Wahl gewesen. Crooks habe allerdings auch 15 Dollar an eine progressive Gruppe für politische Aktionen gespendet, die Verbindungen zur Demokratischen Partei hat.
Seine Eltern sind laut „NYT“ als Wähler bei den Demokraten und Liberalisten registriert und arbeiten als zertifizierte Berater, der Vater laut LinkedIn-Profil für einen örtlichen psychologischen Beratungsdienst. Anscheinend kann auch er sich nicht erklären, was seinen Sohn zu den Schüssen auf Trump trieb. Er versuche zu klären, „was zum Teufel vor sich geht“, bevor er öffentlich über seinen Sohn sprechen könne, sagte Matthew Crooks dem Sender CNN.