Thursday, April 17, 2025
Kanadischer Reiseboykott: Kalifornien lockt trotz Trump und teurem Dollar
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Kanadischer Reiseboykott: Kalifornien lockt trotz Trump und teurem Dollar
Winand von Petersdorff-Campen • 1 Std. •
3 Minuten Lesezeit
Bitte bleibt! Palm Springs wirbt um kanadische Touristen.
„In Kalifornien haben wir viel Sonne und viel Liebe für unsere Nachbarn im Norden.“ Das ist die Kernbotschaft einer Werbekampagne des Bundesstaates, um kanadische Touristen zu gewinnen. Seit Präsident Donald Trump wieder im Amt ist, kommen weniger Touristen aus Kanada. Die kalifornische Regierung meldet für Februar einen Rückgang um zwölf Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr. Das sei der erste Rückgang seit der Covid-Pandemie. Im vergangenen Jahr reisten 1,8 Millionen Kanadier nach Kalifornien und gaben dort 3,7 Milliarden US-Dollar aus.
Kalifornien bekommt eine Entwicklung zu spüren, die die gesamten USA erleben. Ihre kanadischen Besucher machen sich rar. Rund ein Drittel weniger Autoreisende aus Kanada verzeichnete die offizielle Statistik im März, für Flugreisen schwanken die Angaben je nach Statistik zwischen einem Minus von zwölf und 25 Prozent. Auch Touristen aus anderen Ländern zögern, die USA zu buchen – nach feindseligen Äußerungen der Trump-Regierung und offenkundig harscherem Vorgehen der Grenzkontrolleure.
Die kalifornische Werbebotschaft kommt vom politisch ambitionierten demokratischen Gouverneur Gavin Newsom, der in dem Spot darauf hinweist, dass Kalifornien von Washington 2000 Meilen entfernt ist – und eine ganze Welt, was die Grundvorstellungen betrifft. Die Kanadier sollten sich nicht ihre Freude an Kaliforniens Stränden verderben lassen, nur weil jemand in Washington Ärger mache. Kanadier bilden Kaliforniens zweitgrößte ausländische Touristengruppe hinter Mexikanern.
„Verlasst uns nicht“ – „Palm Springs liebt Kanada“
Kanadische Politiker reagieren auf die Kampagne allerdings eher ablehnend. Ravi Kahlon, der im Kabinett der kanadischen Provinz British Columbia für die Beziehungen zu den USA zuständig ist, sagte kanadischen Zeitungen, was seine Botschaft an die Kanadier bleibe: „Haltet durch!“ Die Druckkampagne wirke. Wie andere kanadische Provinzregierungen auch hatte die von British Columbia ihre Bürger aufgefordert, Urlaub in den USA zu vermeiden. Kaliforniens Gouverneur Newsom hatte vor dem Start der Kampagne eine Videokonferenz mit dem Regierungschef von British Columbia, David Eby. Der hatte öffentlich gemacht, dass er eine lang geplante Reise nach Disneyland abgesagt habe, und zwar nach „schwierigen familieninternen Konversationen“. In vorhersehbarer Zukunft würden er und seine Familie keine amerikanischen Vergnügungsparks besuchen.
Im unter Kanadiern besonders beliebten Palm Springs am westlichen Rand des Coachella Valley hat die Stadtregierung in der Innenstadt rote Banner aufhängen lassen: „Verlasst uns nicht“, steht darauf. „Palm Springs liebt Kanada,“ Die Banner zeigen ein Ahornblatt in einem Herz. Kein Wunder: Für die Stadt ist Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig, und Kanadier sind mit Abstand die größte Gruppe ausländischer Touristen. Rund 300.000 kommen jedes Jahr in die 45.000 Einwohner große Stadt. Der geht es nicht nur um die Kurzzeittouristen. Eine Studie der regionalen Tourismusbehörde „Visit Greater Palm Springs“ aus dem Jahr 2021 zeigt, dass Kanadier hier sieben Prozent der Ferienwohnungen im Großraum besitzen. Einige erwägen nun den Verkauf.
Politische Motive spielen offensichtlich eine Rolle, den USA den Rücken zu kehren. Trump hält an seiner Meinung fest, dass Kanada am besten aufgehoben wäre als 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten. Das unterstrich seine Sprecherin noch einmal in dieser Woche auf Nachfrage einer kanadischen Journalistin. Dazu kommt der von Trump entfachte Handelskrieg, der den kanadischen Wahlkampf befeuert.
Ein Faktor ist auch der starke US-Dollar gegenüber der kanadischen Währung. Für Kanadier wird der „Greenback“ seit Jahren teurer und damit auch der Aufenthalt in den USA. Für kanadische Eigentümer von Ferienwohnungen könnte es sogar attraktiv werden, sich von ihrer Immobilie zu trennen. Tatsächlich melden Immobilienmakler im ganzen Land, dass immer häufiger kanadische Eigentümer einen Verkauf erwägten. Das gilt nicht nur für Kalifornien, sondern auch für beliebte Ziele in Florida, Arizona und Colorado, die „Snowbirds“ genannten Kanadiern Zuflucht in den kalten Wintern gewähren. Neben der Währungsparität sind steigende Kosten für die Gebäudeversicherungen und Grundsteuern ein Grund, den USA den Rücken zu kehren. Und schließlich verlangt die US-Regierung, dass Ausländer, die länger als 30 Tage bleiben, sich bei ihr registrieren müssen. Das ist vor allem für kanadische Winterflüchtlinge, die mit dem Auto kommen, ein Thema, weil Flugreisende meist automatisch registriert werden.