Saturday, December 7, 2024
Winter in Franken: Warum du die Region zur Adventszeit besuchen solltest
RND - RedakationsNetzwerk Deutschland
Winter in Franken: Warum du die Region zur Adventszeit besuchen solltest
Susanna Bauch • 1Tage • 6 Minuten Lesezeit
Die Grenzen im föderalistischen Deutschland sind fließend. Noch Hessen? Schon Franken? Strahlender Sonnenschein und ein paar Minusgrade, dazu eine dünne Schneedecke: Das ist – egal wo man nun genau ist – die perfekte Kulisse für ein Wochenende auf traditionsreichen Weihnachtsmärkten und eine Reise in die Historie der Hohenzollern.
Das prägende Adelsgeschlecht der deutschen Geschichte hält sich bis heute zumindest in den Klatschspalten: Wohnrecht auf dem Potsdamer Schloss Cecilienhof, Rückgabe von Besitztümern und mehreren Zehntausend Kunstobjekten – das heutige Haus Hohenzollern stellt weitreichende Forderungen.
Vorweihnachtliches Franken
Das barocke Erlangen und das beschauliche Ansbach im Herzen von Franken stimmen in der Vorweihnachtszeit ganz besonders auf das Fest ein. Warme Kleidung, Standfestigkeit und Lust auf Glühwein sowie Bier nach Hausbrauart sind wichtige Voraussetzungen für den Ausflug ins vorweihnachtliche Franken.
Die Stadt Erlangen ist 1812 durch die Vereinigung der Altstadt mit der Neustadt entstanden. Sie wurde auf markgräfliches Geheiß als sogenannte Planstadt für die aus Frankreich geflohenen Hugenotten erbaut – Erlangen hat damit früh ein Zeichen der Weltoffenheit gesetzt. Bis heute bietet die rechteckige Anlage mit der als Symmetrieachse gestalteten Hauptstraße das Grundprinzip der hiesigen Stadtführung.
Vom Wege abzukommen gestaltet sich daher schwierig, denn die sind in dieser Stadt irgendwie selbsterklärend. Die meisten Pfade führen zudem vorbei an verschiedenen Weihnachtsmärkten und diversen Brauereien. Bier spielt seit jeher eine zentrale Rolle in der Stadt.
Ein deutliches Zeichen des hohenzollerischen Erbes ist das Schloss. Zum Erlanger Schloss gehören die Orangerie und ein prunkvoller Schlossgarten sowie die Konkordienkirche – das erste in sich geschlossene, barocke höfische Bauensemble Frankens. Im Advent ist es eine atemberaubende Kulisse für die Erlanger Waldweihnacht, einen weihnachtlichen Markt mit viel Glanz und Prunk. Die Stadt atmet auch hier Geschichte. Wohlhabend ist sie auch noch, Siemens sei Dank.
Modernes Theater im historischen Gebäude
Weitere Zeichen der Hohenzollern zeigen sich im Markgräflichen Barocktheater. Von außen eher unscheinbar, glänzt das Theater im Inneren. Das unauffällige Haus am Rand des Erlanger Schlossparks empfängt mit einem nüchternen Foyer aus den 1960er-Jahren. Über kahle Steintreppen erreicht man die oberen Ränge – und im Zuschauerraum strahlt sie dann, die vergoldete Pracht des weiten Runds. Hölzerne Balustraden mit ziselierten Ornamenten zieren die Logen zwischen den ausgeschmückten Holzsäulen. Den Raum überstrahlt die Fürstenloge mit zwei vergoldeten Hermen an jeder Seite, darüber ein prunkvoller Baldachin. Echter Pomp vergangener Zeiten, bewahrt und bespielt bis in die Gegenwart.
Das Haus ist heute das älteste noch bespielte Barocktheater Süddeutschlands – mit eigenem Ensemble. Das Theater ist daher nicht nur Denkmal, sondern wird regelmäßig kulturell mit Leben gefüllt. „Eine Herausforderung für das Ensemble“, wie die ehemalige Intendantin Katja Ott erzählt. Die Bühnentechnik ist zwar modernisiert, der barocke Rahmen aber setzt spielerisch Grenzen. Rund 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauer lassen sich jährlich auf das Miteinander von gestern und heute ein.
Noch mehr Stadtgeschichte bietet das Stadtmuseum. In seiner Führung erzählt Hartmut Heisig von französischen Glaubensflüchtlingen, mittelalterlichem Stadtleben und zeigt die stadtgeschichtliche Sammlung. Eine spannende Stippvisite, der Mann ist mit Herz und Humor bei seiner Sache.
Erlangen ist auch eine Bierstadt
Von der Theorie zur Praxis und vor allem in die Gegenwart kulinarischer Genüsse: Bekannt ist das knapp 120.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Erlangen nämlich auch als historische Bierstadt. Beim jährlichen Bierfest, der Erlanger Bergkirchweih, wird zwölf Tage lang auf 14 Bierkellern auf dem Stadtberg fränkische Tradition gelebt. Außerdem sind die alten Keller beliebter Treffpunkt für die Erlanger Jugend – ganzjährig.
Ursprünglich dienten die Bauten im 19. Jahrhundert als natürlich kühle Lagerstätten für den fränkischen Gerstensaft – bevor die Erfindung der Kältemaschine moderne Lagerungsalternativen ermöglichte. Einst gab es hier rund 200 Brauereien, mittlerweile gehört die Steinbachbrauerei mit ihrem Brauereimuseum zu den drei verbliebenen Produktionsstätten Erlanger Bieres. Hier stehen neben riesigen Kupferkesseln Dutzende Biersorten in der Wirtsstube auf einer großen Tafel – keine leichte Entscheidung.
Unbedingt probieren: Storchenbier
Storchenbier zu testen ist allerdings ein Muss, es ist das traditionelle Hausgebräu. Seniorchef Christoph Gewalt, der auch das Biermuseum im Keller liebevoll pflegt und betreut, berichtet von zwei Frauen von außerhalb, die eigentlich alkoholfrei trinken wollten und dann gewissermaßen dem Storchenbier verfielen. „Wir haben ihnen ein Zimmer für eine Übernachtung vor Ort besorgt.“
Drei Weihnachtsmärkte bieten Abwechslung
In der Vorweihnachtszeit glänzt und glitzert es an jeder Ecke der Barock- und Universitätsstadt. Zum Jahresende verbreitet Erlangen regelmäßig Winterzauber. Gleich drei traditionelle, aufwendig vorbereitete Weihnachtsmärkte an verschiedenen Plätzen sind Pflicht zum Bummeln, Trinken, Naschen. Die Waldweihnacht lockt auf den Schlossplatz. Mittelalterliche Atmosphäre verbreitet der kleine, historische Markt in der Altstadt. Bewegung bei der Völlerei bringt auf dem Erlanger Marktplatz eine künstliche Eisbahn. Absolut familientauglich.
Auch Ansbach ist geprägt vom historischen Erbe
Nur eine knappe Stunde Autofahrt von Erlangen entfernt liegt die einstige Residenzstadt des Markgraftums Brandenburg-Ansbach – mit wechselvoller 1250-jähriger Geschichte und ebenfalls deutlich geprägt vom Erbe der Hohenzollern.
Baudenkmäler wie die Hofkanzlei, die Kirchen St. Johannis und St. Gumbertus, die Hohenzollernresidenz mit ihren 27 Prunkräumen und eine prächtige Orangerie im Hofgarten lassen die glanzvolle Vergangenheit leuchten. Aber auch eine klassische Kriminette ist mit Ansbach eng verbunden �� eine mysteriöse Kriminalgeschichte mit einem tragischen Opfer, das von seinem Schicksal eher zufällig nach Ansbach geführt wurde.
Kaspar Hauser: Noch immer ein Mysterium
Kaspar Hauser hat von 1830 bis zu seinem gewaltsamen Tod im Dezember 1833 in Ansbach gelebt. Nicht nur der Tod Hausers ist ein Mysterium geblieben. War er der legitime Nachfolger des badischen Großherzogs, der illegitime Spross aus einem anderen europäischen Adelsgeschlecht oder vielleicht der Sohn einer Tiroler Magd? Keiner weiß so genau, woher der Findelknabe kam, der 1828 in Nürnberg aufgetaucht war, verwahrlost und kaum der Sprache mächtig.
Ein Denkmal in der Altstadt, ein Gedenkstein am Ort seiner Ermordung im Hofgarten, eine komplette Abteilung im Markgrafenmuseum und sein Grab mit der Inschrift „Hier ruht Kaspar Hauser, ein Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Geburt, geheimnisvoll die Umstände seines Todes“ erinnern an sein Schicksal. Ein Stadtspaziergang auf Spuren Hausers mit wohligem Grausen.
Jede Menge Lichterglanz im Advent
Aber was wäre der Abstecher ohne vorweihnachtliche Stimmung auf den Straßen der Stadt. In den Wochen vor Heiligabend erstrahlt auch die ehemalige Garnisonsstadt in flächendeckendem Lichterglanz – besondere Gebäude werden besonders angestrahlt, ganz Ansbach ist weihnachtlich dekoriert – eine Augenweide für Liebhaberinnen und Liebhaber von adventlichen Details.
Die gibt es auch innen – etwa bei der großen Weihnachtsausstellung im Stadthaus. Von dort ist es auch nicht weit zum Ansbacher Weihnachtsmarkt: Der ist sehr liebevoll dekoriert, wird eingerahmt von der Gumbertuskirche sowie der barocken Synagoge und dem Carolinumturm, von wo sich der beste Blick auf die Altstadt bietet. Wer will, lässt sich ein traditionelles Hürnerbier oder einen Punsch schmecken, dazu Ansbacher Bratwurst, Sonnenschein, Minusgrade und etwas Schnee. Das ist eindeutig Franken.
Tipps für deine Reise nach Franken
Anreise: Von Nord nach Süd oder Ost nach West führen zahlreiche Wege an Ansbach und Erlangen in Franken vorbei. Die Städte sind sowohl mit dem Zug als auch über Autobahnen und Schnellstraßen bestens angebunden und gut erreichbar.
Attraktionen: Attraktionen sind unter anderem die zahlreichen Gebäude des barocken Erbes der Hohenzollern wie etwa das Erlanger Schloss, die Fürstengruft und das Barocktheater sowie das Residenzensemble in Ansbach. Das Haus Hohenzollern war eine der bedeutendsten Dynastien der deutschen Geschichte. Das Adelsgeschlecht stellte die Burggrafen von Nürnberg genauso wie preußische Könige und von 1871 bis zum Ende des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1918 die Deutschen Kaiser.
Unterkünfte: Es gibt eine große Auswahl an Unterkünften in verschiedenen Preisklassen. In Erlangen schläft man ganz zentral im Hotelchen am Theater, mitten in der Altstadt in romantischem und verwinkelten Fachwerk. In Ansbach empfiehlt sich etwa der Schwarze Bock. Familie Appel-Fuhrmann bietet hier ausschließlich Biomenüs sowie Bioweine an, die der Chef des Hauses gern im Keller bei einer Kostprobe ausschenkt.
Weitere Informationen: Ende November beginnt in den Barockstädten der vorweihnachtliche Zauber mitsamt den Christmärkten, in dieser Jahreszeit ist ein Besuch daher ganz besonders schön.