Tuesday, December 3, 2024

TV-Kolumne „Markus Lanz“ - Im ZDF-Talk wird überdeutlich, wie SPD-Mann Steinbrück über den Kanzler denkt

TV-Kolumne „Markus Lanz“ - Im ZDF-Talk wird überdeutlich, wie SPD-Mann Steinbrück über den Kanzler denkt FOCUS-online-Autor Axel Wolfsgruber • 37 Mio. • 3 Minuten Lesezeit Ex-SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück diskutiert mit Moderator Markus Lanz. Kanzler Olaf Scholz wird die Diskussion um seine Kanzlerkandidatur immer noch nicht los. Im ZDF-Talk lässt SPD-Mann Peer Steinbrück kein gutes Haar ihm. Scholz‘ Ukraine-Politik bewertet er mit einem verbalen Mittelfinger. „Er hält sich für den, der es am besten kann“, sagt Peer Steinbrück und lächelt durch die Brille. Der Mann ist SPD-Politiker und war mal Bundesfinanzminister in einer schwarz-roten Regierung unter Angela Merkel. Als Moderator Markus Lanz seinen Gast Steinbrück dazu auffordert, Kanzler Olaf Scholz detaillierter zu bewerten, sagt der mittlerweile 77-Jährige: „Ich verteile doch hier jetzt keine Noten für den Kanzlerkandidaten meiner Partei.“ Er wolle ja kein Parteiausschlussverfahren riskieren. Schlimmer hätte die Bilanz des Erfinders von „Hätte, hätte, Fahrradkette“ und des ersten öffentlich ausgestreckten Mittelfingers eines hohen Politikers nicht ausfallen können. Es wird überdeutlich, wie wenig Steinbrück dem Kanzlerkandidaten Scholz zutraut. Steinbrück kritisiert SPD-Führung Per Steinbrück sieht das Desaster um den SPD-Kanzlerkandidaten für die Wahl am 23. Februar vor allem in einer Beratermannschaft um Scholz herum begründet. Man habe das „Zeitfenster des 6. Novembers nicht genutzt“. Am Tag des Ampel-Bruchs hätte die SPD ihren Kanzlerkandidaten ausrufen müssen. Mit tränendem Blick und offenem Hemdkragen erklärt Steinbrück: „Der Fehler ist, dass die Parteileitung das Chaos nicht früher abgebunden hat.“ Für einen Personalwechsel an der Parteispitze hätte es eines „Scholz bedurft, der den Joe Biden macht, und eines Boris Pistorius, der die Kamala Harris ist“. Die SPD hätte an diesem Tag für Klarheit sorgen müssen. „Missmanagement der SPD“ Spätestens als Olaf Scholz mit klaren Worten öffentlich erklärte, dass er sich für den natürlichen Kanzlerkandidaten seiner Partei hält, gab es für den nach Umfragen außergewöhnlich beliebten Verteidigungsminister Pistorius keinen politischen Raum mehr. Denn welch innerlich zerrissenes Bild hätte die SPD im internen Wahlkampf dargeboten, fragt Steinbrück rhetorisch. Hier ein amtierender Kanzler, der nicht loslassen will, und dort ein Kanzlerkandidat, der Scholz beerben will und ihn möglicherweise sogar angreift. „Das war Missmanagement der SPD“, befindet Steinbrück. „Scholz kommt für sich persönlich nicht zu dem Ergebnis, dass er nicht mehr gewählt wird.“ Keiner hält Scholz den Spiegel vor Tatsache ist, dass die Berater in der SPD – allen voran die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil – nicht die Kompetenz haben, dem amtierenden Kanzler den Spiegel vorzuhalten. Peer Steinbrück erklärt dazu süffisant: „Wer dem Kaiser den Spiegel vorhalten will, der braucht ein schnelles Pferd.“ Offenbar fehlt Olaf Scholz die Selbsterkenntnis, dass er es – in gewiss schweren Zeiten – nicht geschafft hat, den Laden zusammenzuhalten. Der erfolgreiche Manager Martin Richenhagen sitzt auch in der Runde bei Markus Lanz und sagt nur: „Scholz fehlt jegliche Selbsterkenntnis. Er muss doch gemerkt haben, dass er es nicht kann.“ Und was erschwerend hinzukommt: Scholz verbreitete keine Zuversicht, geht nicht voran, bleibt wage und zögerlich. Derartige Kanzler-Eigenschaften bringen in Krisenzeiten eher wenig Schwung in Wirtschaft und Gesellschaft. In der Politik spielt solcherlei Psychologie keinesfalls eine Nebenrolle. Es gibt aber noch ein weitaus gefährlicheres Problem. „Man verbreitet keine Angst“ Olaf Scholz geht in den Wahlkampf mit der These, dass der Kandidat der Union, Friedrich Merz, im Ukrainekrieg der Atommacht Russland ein Ultimatum stellen wolle und somit möglicherweise einen Krieg provoziert. Auf diese Art erweckt der Kanzler den Eindruck, dass es mit ihm Frieden und mit Merz Krieg gebe. Das ist erstens sachlich falsch, weil der Krieg längst hybrid von Putin auch in Deutschland geführt wird, und die Optionen Krieg oder Frieden in dieser Absolutheit ohnehin nicht zutreffen. Zweitens schürt Scholz bewusst die Angst der Wähler. Es kann kein Zufall sein, dass sich Scholz aktuell als Friedensmoderator generiert, indem er erst mit Putin telefoniert und dann nach Kiew fährt. Steinbrück sagt: „Ich halte das Spiel mit der Angst für völlig falsch, weil es dazu führt, dass man gar nichts tut. Man verbreitet als Führer eines Landes keine Angst.“ Das ist dann wohl der verbale Mittelfinger in Richtung Kanzler.