Friday, November 1, 2024
Auftritt in Wien: Schröder trifft Orbán: Hier hat die Ukraine den Krieg schon verloren
STERN
Auftritt in Wien: Schröder trifft Orbán: Hier hat die Ukraine den Krieg schon verloren
Artikel von David Baum • 45 Mio. • 6 Minuten Lesezeit
Es ist wie in einer Parallelwelt: In Wien treffen sich Gerhard Schröder und Viktor Orbán zu einem Gespräch über Russland und Europa. Über einen Abend mit fatalen Momenten.
Während das Publikum in die Wiener Sofiensäle strömt, huscht das Ehepaar Schröder kurz auf eine der Balkonlogen und bestaunt den Andrang drunten im Parkett. Derlei Zuspruch ist man nicht mehr gewöhnt. So-yeon Schröder-Kim lässt den greis und grau wirkenden Altkanzler für eines ihrer Social Media-Fotos am Balkongitter posieren. Er tut wie ihm geheißen, der Instagram-Filter wird es später richten.
Was an diesem Nachmittag geschieht, ist bemerkenswert. Der deutsche Altkanzler hat durch sein renitentes Beharren auf der Freundschaft zu Russlands Diktator Wladimir Putin sein Lebenswerk riskiert. Er war seinem Land und besonders den Sozialdemokraten fremd geworden. Und nun, in dem Moment, da ein neuer SPD-Generalsekretär die unverhoffte Umarmung wagt, ihn ausdrücklich zum Teil jener Partei erklärt, die ihn eben noch loswerden wollte, hockt er sich in Wien auf ein Podium und kumpelt öffentlich mit Viktor Orbán, dem demokratiepolitischen Gottseibeiuns Europas. Das Verlangen des 80-jährigen Gerhard Schröder nach Harmonie war nie stark ausgeprägt, inzwischen muss es wohl verkümmert sein.
Hier geht es um die Weltordnung
Um es vorwegzunehmen: Schröder wird an diesem Abend kein Wort zu Matthias Miersch und seinem Verhältnis zur SPD verlieren. Das scheinen für ihn nur noch lokalpolitische Sperenzchen. Heute geht es um nichts Geringeres als die Zukunft Europas, des Westens, der Welt. Der Konflikt, ob Schröder mit seinen Ansichten noch statthaft sei, existiert hier unter all den Rechten, Neokonservativen und marktradikalen Hofratswitwen nicht. Eingeladen hat der rechtskonservative Verleger und Politiker Roger Köppel, der auch moderiert. Das Motto des Abends lautet "Frieden für Europa". Und schnell wird klar, wie die Übersetzung dieses Slogans lauten muss: Kapitulation vor Russland.