Wednesday, October 9, 2024
Eine Analyse von Ulrich Reitz - Bittere Worte eines Vaters zeigen: Sicherheits-Versprechen der SPD hat Schwachpunkt
Eine Analyse von Ulrich Reitz - Bittere Worte eines Vaters zeigen: Sicherheits-Versprechen der SPD hat Schwachpunkt
Artikel von Von FOCUS-online-Korrespondent Ulrich Reitz • 2 Std. • 4 Minuten Lesezeit
Sachverständige haben einige Änderungen an den Entwürfen für das sogenannte Sicherheitspaket vorgeschlagen.
Im Sicherheits-Wahlkampf der SPD zeigt sich plötzlich eine immer größere, vielleicht entscheidende Schwachstelle. Auch der Kanzler kann den Bürgern Besserung nicht mehr glaubhaft versprechen.
Die SPD macht bereits Wahlkampf als Sicherheitspartei. Die Rente sei sicher, die Mindestlöhne würden steigen und die Gewerkschaften sicherten gute Arbeit. Dazu der Frieden, den ein „besonnener“ Kanzler im Ukraine-Krieg absichere.
Das Sicherheitskonzept der SPD erfreut Traditionssozialdemokraten wie den Arbeitsminister Hubertus Heil und den neuen Partei-Generalsekretär Matthias Miersch, die es jetzt ein Jahr lang in allen Einzelheiten propagieren werden. Es hat allerdings einen Makel.
Vater von Mordopfer konfrontiert Scholz
Und den hat jetzt der oberste aller Sozialdemokraten persönlich erleben können, als ihn RTLmit einer der schrecklichen Folgen der deutschen Asylpolitik konfrontierte. Michael Kyrath erinnerte Olaf Scholz im Gespräch Auge in Auge an den Mord an seiner Tochter, an den Mörder von Brokstedt.
Ibrahim A. war aus Gaza gekommen, ein Palästinenser, Wiederholungsstraftäter, Messermörder. 38 Mal stach er auf Kyraths Tochter Ann-Marie und ihren Freund Denny ein. Und Olaf Scholz?
War angefasst, aber auch hilflos. „Wer eine solche Straftat begeht, hat sein Schutzrecht in Deutschland verwirkt.“ Was hilft das dem Vater der erstochenen 17-jährigen?
Es werde schärfere Gesetze geben, „ich habe mir eine Excel-Tabelle gemacht“. Kyrath, der es fertigbrachte, ruhig zu bleiben, konfrontierte den Kanzler mit den Tricks von Anwälten, um Abschiebungen zu verhindern, und mit Empfehlungen, gefördert vom Bundesinnenministerium, wie man verhindern kann, abgeschoben zu werden. Gemeint war die Seite „Handbook Germany“. Davon habe er gehört, sagte der Kanzler, aber die Förderung des entsprechenden Vereins durch den Bund sei längst eingestellt. Daran jedoch gibt es Zweifel.
Denn das „Handbook Germany“ soll auch im kommenden Jahr – „mit voraussichtlich 300.000 Euro“ – gefördert werden. Das antwortete das Kanzleramt von Scholz auf eine Anfrage des Portals Apollo. Es bleibt auch dabei, dass ein abgelehnter Asylbewerber mit dem Geld der Steuerzahler gegen seine Abschiebung klagen kann, was Grüne und SPD in der Ampelkoalition durchgesetzt hatten.
Furcht vor Kriminalität wächst
Wie sehr Vater Kyrath vielen Menschen aus der Seele sprach, wird an einigen nüchternen Umfragezahlen deutlich. In Deutschland wächst die Angst vor grassierender Kriminalität. Innerhalb eines Jahres hat sie sich verdreifacht, mehr als jeder dritte Deutsche fürchtet, Opfer von Kriminellen zu werden. Jeder fünfte Befragte hat Angst vor Anschlägen, ermittelte das ipsos-Institut.
Und: Die Angst vor Zuwanderung hat die Angst vor Armut längst überflügelt. Das sind die Ableitungen der Bürger, aus dem, was tagtäglich inzwischen passiert. Und was mit Michael Kyrath als Vater einer von einem palästinensischen Migranten ermordeten Tochter ein glaubwürdiges, eloquentes, anklagendes Gesicht erhält.
Den Horror packte Kyrath in eine Zahl: „Wir haben jeden Tag zwischen 24 und 34 Messerattacken“, meint er. Und: „Es ist immer dasselbe Täterprofil, es ist dasselbe Tatwerkzeug. Es sind nahezu derselbe Tathergang, es sind nahezu dieselben Tatmotive. Und es sind am Ende jeder Tat dieselben Floskeln, die wir von der Politik hören.“ Nichts an den Aussagen Kyraths war falsch.
Deutschland hat eine Sicherheitslücke
Der Sicherheitswahlkampf der SPD hat also eine große Lücke, weil Deutschland inzwischen eine große Sicherheitslücke hat, was immer mehr Menschen wissen, die nun Angst haben vor Kriminalität. Die Gefährdung der inneren Sicherheit durch Einwanderung ist derzeit das Thema Nummer Eins. Und die Bundesregierung?
Die Bundesinnenministerin sagt, die Zahl der Abschiebungen seien um rund ein Fünftel gestiegen. Nach absoluten Zahlen: Von 10.000 auf 13.000. Ausreisepflichtig sind allerdings mehr als 20-mal so viele Menschen. Sie haben jedoch eine Duldung wie der Mörder von Michael Kyraths Tochter.
Nancy Faeser wurde bei der Regierungsbefragung mit einer Aussage des dänischen Migrationsministers konfrontiert. Kaare Dybvad hatte auf die Gründe für die stark gesunkenen Asylzahlen in seinem von den Sozialdemokraten regierten Land verwiesen.
„Wir sind eines der besten Länder in Europa, wenn es darum geht, Menschen nach Hause zu schicken.“ Abschiebe-Haftanstalten machten den Insassen klar: „Du bist unerwünscht. Akzeptiere, dass du in diesem Land keine Zukunft hast.“ Faeser erwiderte daraufhin, es sei nötig, sich in der „Sprache zu mäßigen“.
SPD warnt vor „Verhetzungspotential“
Aus der SPD-Fraktion wurde das „Verhetzungspotential“ dieser Debatte betont. Allerdings kommt das „Verhetzungspotential“ weniger aus der Debatte als aus Fakten, die am sozialdemokratischen Kanzler und seiner Parteigenossin Faeser festgemacht werden.
Im Bundestag konfrontierte die AfD die Innenministerin mit der Entwicklung der Judenfeindlichkeit in Deutschland. 88 Prozent der antisemitischen Straftaten gingen auf Islamisten und andere Ausländer zurück. Faeser erwiderte, es gebe auch eine große Anzahl von antisemitischen Straftaten, die von Rechtsextremisten begangen würden.
Im Übrigen gebe es „seit zehn Jahren“ Islamismus-Präventionsprojekte. Und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Bamf „seit zehn Jahren eine Deradikalisierungsstelle“.
Das mindeste, was sich feststellen lässt ist, dass diese staatlichen Anti-Islamismus-Stellen offensichtlich nicht mit ihren Aufgaben gewachsen sind. Mit der Verbesserung der Lage läuft es auch in anderer Hinsicht nicht optimal: Faeser teilte mit, man beabsichtige, mit der Türkei ein Abschiebe-Abkommen zu schließen. Das habe der Bundeskanzler mit dem türkischen Regierungschef Erdogan vereinbart. Demnach werde die Türkei 500 abgelehnte Asylbewerber pro Woche zurücknehmen. Dies sei eine „Vereinbarung“. Und die Zahl 500 sei ein „Richtwert“.
Die Regierung hatte es noch vor kurzem als großen Erfolg gefeiert. Es hörte sich schon an, wie so oft – so, als habe Olaf Scholz selbst eines der größten Probleme gelöst.